Mühlengeschichte in Rössing

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Mühlengeschichte aus Rössing und Calenberg

von Helga Fredebold

Wo der Rössingbach am Schloß vorbeifließt, an der romantischsten Stelle des Dorfes, steht die ehemalige Wassermühle der Freiherren von Rössing. Diese Ecke hieß bei den Rössingern allgemein der Malerwinkel. Leider sind die Bilder, die hier entstanden sind, wohl alle in Privathand und der Allgemeinheit nicht bekannt.

Bis zum Jahre 1911 klapperte hier wirklich noch die Mühle am rauschenden Bach, wie es in dem alten Volkslied heißt. Bis dahin wurden, wie in alten Zeiten, die Mühlsteine von einem Wasserrad getrieben. Dann folgte das Maschinenzeitalter und seit dem 1. Juli 1966 wird dort kein Mehl mehr gemahlen. Wenige Jahre wurde sie noch als Schrotmühle betrieben und dann ganz stillgelegt.

Wasser- und Mühlenrechte

Mühlen- und Wasserrechte, jegliche Nutzung von Naturkräften, hatten die Territorialfürsten und die Bischöfe schon immer an sich gezogen, die damit adelige Geschlechter oder verdiente Gefolgsleute belehnten. So waren sicher auch die Mühlen- und Wasserrechte der Herren von Rössing Teil der ihrer Güterbelehnung im Mittelalter, denn sie gehörten von jeher zu ihren Privilegien. Selten betrieben die Belehnten die Mühlen selbst, sondern verpachteten sie langfristig an Müllerfamilien.

Voraussetzung für das Betreiben der Mühle war das Anstauen des Rössingbaches. Und das geschah vermutlich schon vor, oder spätestens beim Bau der ersten Burg- anlage oder eines sogenannten festen Hauses im Jahre 1342. Der aufgestaute Rös-singbach, der Teich und ein Grabensystem mit einer Wasserkunst speisen auch heute noch den Schloßgraben des Herrenhauses.

Und ebenso lange haben die Rössinger nach Überlieferung schon ihr Getreide auf der Herrschaftsmühle gemahlen.

Kleiner Wasserlauf

Der Rössingbach ist nur ein kleines Flüßchen, er kommt aus dem Hildesheimer Wald, aus der Nähe von Sorsum und wurde früher Dude genannt. Auf der Flurnamenkarte von Alt-Calenberg, die das Landschaftsbild um 1700 zeigt, wird er allerdings in seinem unteren Teil, bevor er in einen alten Leinearm floß, als Rössinger Mühlenbache bezeichnet.

Sein geringes Gefälle forderte ein unterschlächtiges Wasserrad, das heißt, wenn das Schütt gezogen wurde, traf das unten austretende Wasser auf den unteren Teil des Laufrades und setzte es in Bewegung. Wenn der Unterschied zwischen Ober- und Unterwasser größer war, wurden oberschlächtige Wasserräder verwendet. Dabei traf das Wasser von oben in die Schaufelräder und die Energieausnutzung war wesentlich höher, wie zum Beispiel bei der großen Calenberger Leinemühle.

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Rössing wird welfisch

Nach der Hildesheimer Stiftsfehde 1523 wurde das Bistum Hildesheim zerschlagen und das Dorf Rössing und das Adelige Gut gehörten nun nicht mehr zum Stift Hildesheim, sondern wurden dem welfischen Amt Calenberg zugeordnet. Außerdem erwarb der Welfenherzog Erich der Ältere 1538 vom Kloster Helmarshausen die Pfandschaft über das halbe Dorf Rössing, Amt- Calenbergischen Teils, während das andere halbe Dorf nach wie vor der Patrimonialgerichtsbarkeit der Herren von Rös sing unterstand.

Konkurrenz in der Nachbarschaft

Das friedliche Mühlengehen der Rössinger nahm ein Ende, als 1586 dicht bei der Feste Calenberg die große Leinemühle erbaut wurde.

Die Amtmänner auf dem Calenberg wollten nun ihre Amtsuntertanen in Rössing unter Androhung von hohen Strafen, wie Verlust ihres gesamten Viehs, dem Mahl- zwang auf der Calenberger Leinemühle unterwerfen, während die Gutsleute des Adeligen Gerichts weiterhin auf ihrer alten Mühle mahlen lassen durften. Aber der weite Weg brachte viel Erschwernis für die Leute mit sich. Die Herren von Rössing klagten mehrmals beim Herzog und bekamen auch Recht. Sie wehrten sich, weil ihre eigene Mühle schon vor der großen Leinemühle bei Schulenburg bestanden hätte und durch Entzug der Mahlgäste ihrer Mühle Verluste drohten, das wollten sie verhindern.

Der Mühlenstreit

Das Amt Calenberg wurde angewiesen, den Rössingern ihre Mahlfreiheit zu lassen. Am 17. April 1651 wurden dem Amtmann Strickmann 30 Goldflorin Strafe angedroht, wenn er die Leute weiter bedrängte, zahlbar zur Hälfte an den Fiskus und zur Hälfte an den Kläger Ludolph von Rössing. Dessen Klagen beim fürstlichen Hofgericht hatten mehr Erfolg als die Beschwerden der Bauern, die dem Amtsgericht in Calenberg unterstanden.

Aber 75 Jahre später war es mit dem Frieden wieder vorbei. Wieder wurden vom Calenberger Licentschreiber Hamelmann in Rössing, unter Androhung von Strafen bei Nichtbefolgung, die Mahlzettel auf die Calenbergische Zwangsmühle ausgestellt

Aber auch 1726 wurde gerichtlich verfügt, den Rössingern Freiheit bei der Wahl der Mühle zu lassen.

Doch weiterhin standen die Rössinger Bauern unter dem Druck der Beamten auf dem Calenberg. Dazu mag beigetragen haben, daß die Herren von Rössing selbst sich zu dieser Zeit vorwiegend auf ihren Besitzungen im Halberstädtischen und im Osten des Stiftes Hildesheim aufgehalten haben und ihre Rechte vor Ort nicht mit dem nötigen Nachdruck durchsetzten.

1771 verpflichtete sich der Rössinger Mühlenpächter Matthaei, den Rössingbach flußabwärts bis zur Gemeindegrenze „im Holze“ räumen und begradigen zu lassen und ein steinern Gewölbe (Brücke) zum Lühn (Flurbezeichnung) zu bauen, was er auch tat. Aber dann errichtete der Amtmann Rumann ein Schütt auf Calenberger Gebiet, mit dem er den Rössingbach stauen konnte, und bei der nächsten Schneeschmelze standen die dortigen Rössinger Felder unter Wasser. Aber alle Eingaben nützten nichts. Da die Rössinger nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit protestiert hatten, wurde die Klage abgeschmettert.

Der Mühlenzwang der Calenberger Mühle

Eine Urkunde vom 6. September 1741 belegt, welche Ausdehnung dieses Zwangsgebiet hatte und mit welchen Befugnissen ein Amtsvogt ausgestattet war. Diese Urkunde wird unter der Nummer 407 im Archiv des Obergutes Lenthe aufbewahrt. Sie betrifft das Amt Calenberg, das von Lenthe im Norden, bis Holtensen im Süden, von Rössing im Osten bis Bantorf im Westen reichte. Auch Rössing ist hier unter den 44 Zwangsdörfern aufgeführt. Aber es waren auch Ausnahmen vom Mahlzwang möglich und Rössing gehörte offensichtlich zu diesen Ausnahmen, aber die Amtleute hielten sich nicht daran, sondern handelten in eigener Machtvollkommenheit, was die ständigen Differenzen zur Folge hatte.

Im Erbenzins vergeben

Die Rössinger Mühle war verpachtet oder im Erbenzins vergeben. Den Müllern ging es in der Regel recht gut. Sie lebten von der Metze, ihrem Anteil am gemahlenen Korn und waren ein geachteter und wohlhabender Berufsstand.

Bei der Allodifizierung der von Rössingschen Güter, das heißt bei der Umwandlung von Lehnsbesitz in erbliches Eigengut durch Ablösung des Zehnten und der bäuerlichen Hand- und Spanndienste Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde die Mühle von der Familie von Rössing zurückgekauft. Es gehörten dazu ein Wohnhaus, eine Scheune, Back- und Waschhaus, Pferde-, Kuh- und Schweinestall und 26 Morgen Land. Die Mühle wurde aber weiterhin verpachtet. Von 1911 bis zum Ende 1966 war sie im Besitz mehrerer Generationen der Müllerfamilie Brünig.

Die Pacht wurde zum Teil noch in Naturalien entrichtet und es mußten Eier und unter anderem drei Schweine abgeliefert werden. Beim letzten Pächter waren es nur noch einige Gänse, alle übrige Pacht wurde in Geld entrichtet.

Beginn des Maschinenzeitalters

1911 wurde die Mühle mit Einführung der Elektrizität modernisiert. Statt des Mühlrades wurde eine Wasserturbine eingebaut und im Maschinenhaus eine Dampfmaschine, die später durch einen Dieselmotor ersetzt wurde. Gemahlen wurde mit Mühlsteinen und 1923 ereignete sich ein schrecklicher Unfall in der Mühle. Ein Lehrjunge hatte trotz Verbotes bei laufendem Getriebe gefegt. Seine Kleidung wurde von der Maschine erfaßt und der Junge vollständig zerrissen.

Erst 1938 wurden ein Walzenstuhl und ein Plansichter zur Klassifizierung der Mehltypen eingebaut. Gemahlen wurden Roggen- und Weizenmehl, sowie Futterschrot aus Gerste und Hafer. Während der Kriegs- und Nachkriegszeit wurden auch Haferflocken, Grieß und Graupen hergestellt, was zwar verboten, aber allgemein üblich war, um die Not zu lindern, denn die Menschen litten Hunger.

1947/48 wurden der Maschinenpark und das Mühlengebäude bachabwärts auf den heutigen Umfang vergrößert.

So lange, wie die Landwirtschaft noch mit Pferden und nicht mit Treckern betrieben

wurde, war am Rosenberg, dem heutigen Kurt-Schumacher-Platz, das Ufer des Rö

ssingbaches abgeflacht und der Mühlenkolk wurde als Pferdeschwemme genutzt.

Die Mühlenpächter hatten die Pflicht, das Schütt bei Regengüssen rechtzeitig zu regulieren. Als im Frühjahr 1947 nach dem strengen Winter das Tauwetter einsetzte, konnte das Schütt durch das Eis nicht mehr rechtzeitig hochgezogen werden. und das ganze Wohnhaus und die Mühle wurden unter Wasser gesetzt. Um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, wurde im Garten bachaufwärts ein Damm errichtet.

Durch das reichhaltige Angebot an Lebensmitteln in den 1960er Jahren erfolgte eine Veränderung der Eßgewohnheiten. Brot bildete nicht mehr das Hauptnahrungsmittel für die Menschen und die kleineren Getreidemühlen hatten keine Überlebenschance. 1966 wurde die Mühle stillgelegt und nur noch kurze Zeit als Schrotmühle genutzt.

Das leere Gebäude wurde viele Jahre von der Tanzgruppe „Deutsche Jugend in Europa“ benutzt und in den 1990er Jahren für Wohnzwecke umgebaut.

Calenberg und die große Leine Mühle

Das erste Mal hören wir von einer Mühle auf dem Calenberg bei dem heutigen Ort Schulenburg an der Leine, als Conrad von Saldern am 24. November 1363 seinen Anteil an der Pfandschaft des Schlosses Calenberg mit Mühle, Zoll, Leuten, Gericht und Jagd an Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg verkauft.

Damals waren die 1290 erbaute Turmburg und der Pallas, in den alten Akten häufig als Schloss bezeichnet, noch nicht von dem großen Wall und Graben umgeben, von dem heute noch Reste vorhanden sind, und die heute als Alt-Calenberg bezeichnet werden. Diese entstanden erst zwischen 1504 und 1512/14, als Herzog Erich I von Calenberg Burg und Schloß zu einer wehrhaften Feste ausbaute. Dabei wurden große Anstrengungen unternommen, um die Mühle, die vor der Burg lag, in die Festungsanlage mit den Wällen zu integrieren, denn die Mühle war bei Belagerungen wichtig. Sie lag keinesfalls an der Stelle an der Leine, wo später die große Leinemühle erbaut wurde, deren Gebäude auf dem Merianstich von 1653 Schloß und Ampt Calenberg an der Leina im rechten Bildviertel deutlich zu erkennen sind.

Der Historiker Eckard Steigerwald schreibt in seiner Broschüre von 1990 „Die Feste Calenberg“: Auch wenn es kaum vorstellbar ist, die Strömungsverhältnisse müssen an der Mühle bei Anlage der Festung so gewesen sein, daß sie mit Wasserkraft betrieben werden konnte.

Bei dem Begriff Calenberg handelte es sich nicht um einen alten Gerichtsbezirk der Reichsverfassung, sondern um eine junge Bildung, die erst mit dem Schlosse entstanden ist. Seit der ersten Verpfändung gleich nach dem Bau des Schlosses bis ca. 1400, als es in die eigene Verwaltung der Welfenfürsten übernommen wurde, gehörte zu Calenberg herrschaftliches Eigen- und Zinsland, von dem Zins und Dienste auf der Burg eingefordert wurden.

Dabei ist nicht ganz klar, ob es sich um einen geschlossenen Bezirk oder um Streubesitz handelte. Auf jeden Fall war er Mittelpunkt einer Wirtschaftsverwaltung und der Burgbezirk hatte die Tendenz zu wachsen. Später wurde der Begriff Calenberg auf das ganze Fürstentum übertragen und die Fürsten, von Erich I (1495 – 1540) bis Georg Wilhelm (1648 – 1675), haben Calenberg als Stammschloß ihres Hauses betrachtet und gepflegt.

Die Wissenschaftler vertreten die Ansicht, daß das Schloß Calenberg auf einer Insel angelegt wurde, die von zwei Leinearmen umflossen wurde, die lange Zeit gleichzeitig Wasser geführt haben. Der östliche ist der ältere und die sogenannte Alte Leine ist ein Rest davon. Die Flurnamenkarte von Alt-Calenberg zeigt den Leineverlauf um 1700. Es ist deutlich zu sehen, daß ein oberhalb der Calenberger Mühle abzweigender Leinearm den um das Schloß herumführenden Wallgraben speiste und über den sogenannten Mühlenstrang eine Wasserverbindung zur heutigen Alten Leine herstellte. Die Wassermenge war wohl durch ein Wehr regulierbar. Nach dem Abriß der Feste zwischen 1680 und 1720 wurde die Verbindung zur Leine unterbrochen. Der Wall wurde teilweise abgetragen und der Graben aufgefüllt, die Wasserläufe im Umfeld verändert, was eine Rekonstruktion heute sehr erschwert. Der Wallgraben und der Mühlenstrang fielen seitdem trocken, nur bei Hochwasser erkennt man manchmal die alten Wasserläufe.

Jedenfalls muß es mit dieser Mühle auf der Burg immer wieder Probleme gegeben haben, so daß zusätzlich mit Pferdekraft eine Göpelmühle betrieben werden mußte.

In der Schloßbeschreibung von 1584 werden auf dem Calenberg eine Roßmühle und eine Mehlmühle genannt, in der von 1585 Roßmühle und Mühle, und 1639 und 1665 heißt es nur noch: Eine alte Mühle.

Die Juliusmühle

Nachdem Herzog Erich der Jüngere von Calenberg 1584 ohne Leibeserben verstorben war, erbte sein Vetter Herzog Julius zu Wolfenbüttel das Herzogtum Calenberg. Dieser gab zwei Jahre später, im Jahr 1586 den Auftrag, eine neue Mühle direkt an der Leine zu bauen. Diese moderne Mühle hatte mehrere Mahlgänge, neben der Getreidemühle auch eine Öl- Säge und Bokemühle zum Flachsbrechen und wurde nach ihm Juliusmühle genannt. Sie war sehr groß und leistungsfähig und in der Tat jünger als die kleine Mühle der Herren von Rössing.

Sie war herrschaftliche Bannmühle und ihrem Mahlzwang unterstanden über 40 Dörfer.

Wie bei den herrschaftlichen Mühlen üblich, wurde auch die Juliusmühle von Pächtern betrieben. Den Pächtern waren aber nur die eigentlichen Mühlenräume verpachtet, in denen sich die Mahlgänge befanden. In den großen Kornböden darüber

wurde der Kornzehnte gelagert und von einem Rentmeister verwaltet.

Moderne Zeiten

Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Aufhebung der bäuerlichen Lasten erfolgte, entfielen die Ablieferung des Zehnten, die Hand- und Spanndienste und auch der Mahlzwang. Das Einzugsgebiet der großen Mühle verkleinerte sich erheblich.

Das führte zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Pächter, da die großen Kapazitäten der Mühle nicht mehr ausgenutzt werden konnten.

Unternehmerischer Wagemut

Ernst Malzfeldt, der 1854 schon die Innerstemühle bei Sarstedt aus königlich-hannoverschem Besitz gekauft hatte, übernahm 1871 von dem hochbetagten Pächter die Calenberger Mühle. Diese war inzwischen nicht mehr königlich-hannoversch, sondern gehörte seit dem Krieg von 1866 dem preußischen Fiskus, denn aus dem Königreich Hannover war 1966 eine preußische Provinz geworden. Ernst Malzfeldt hoffte, die Mühle käuflich erwerben zu können, um dann die notwendigen, umfangreichen Investitutionen vorzunehmen. Doch die Hoffnung. auf einen Kauf zerschlug sich.

Aber er erneuerte die veralteten Anlagen trotzdem und ersetzte die uralten Wasserräder durch den Einbau von Turbinen, errichtete neue Mühlengebäude und baute moderne Müllereimaschinen ein.

Der wirtschaftliche Erfolg gab ihm Recht. In zäher Arbeit hatten Ernst Malzfeldt & Söhne die Mühle zu einem sehr leistungsfähigen Betrieb ausgebaut.

Arbeitsordnung von 1892

Ein kleiner Ausschnitt aus einer Arbeitsordnung von 1892 gibt einen Einblick in den damaligen Arbeitsalltag, der in einer Getreidemühle von harter Knochenarbeit geprägt war.

Arbeitszeit war 6 Tage, von morgens 6 Uhr bis abends 19 Uhr, 13 Stunden, auch am Sonnabend. Nach Abzug von insgesamt zwei Stunden Pause waren das 11 Stunden reine Arbeitszeit täglich.

Pausen von 8 bis 8.30 Uhr

12 bis 13.00 Uhr

16 bis 16.30 Uhr

Wörtlich hieß es:

Für alle Zeitbestimmungen ist die Uhr der Dorfkirche zu Schulenburg maßgebend. Der Mahlbetrieb läuft in Tag- und Nachtschichten. Der Schichtwechsel für Tag- und Nachtschicht findet für die Müller morgens um 3 Uhr und nachmittags um 15 Uhr statt, für die Arbeiter morgens um 6 Uhr und nachmittags um 18 Uhr. Notwendige längere Arbeitszeit oder Sonn- und Festtagsarbeit im gesetzlich zulässigen Rahmen ist einzuhalten. Verspätungen bei Beginn der Arbeitszeit werden mit 10 Pfennig für jede angefangene halbe Stunde geahndet.

Bei Eintritt in die Firma erhält jeder Arbeiter die mehrere Seiten lange, IX Artikel umfassende Arbeitsordnung ausgehändigt, die er bei seinem Ausscheiden wieder abzuliefern hat. Jeder Arbeiter ist verpflichtet, der gemeinsamen Ortskrankenkasse Schulenburg und Umgebung beizutreten und die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten.

Mit dieser Arbeitsordnung war den Betreibern der Mühle ein freizügiges Arbeiten und Wirtschaften möglich,

Seit 1871 haben drei Generationen Ernst Malzfeldt & Söhne die Mühle immer wieder vergrößert. Wann dann die Familie Bremer die Mühle übernahm, war nicht zu ermitteln. Aber sie arbeiteten auch mehrere Generationen mit großem wirtschaftlichen Erfolg.

Der Gleisanschluß

Die Mehle waren von hoher Qualität und fanden guten Absatz in Niedersachsen und den Verbrauchergebieten im Norden und Westen. Mit der im Mühlenbetrieb nicht benötigten Wasserkraft wurde elektrische Energie erzeugt und an das Überlandnetz abgegeben. Das geschieht auch heute noch und ist ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor für die jetzigen Eigentümer.

Um die gewichtigen Getreide- und Mehlsäcke vor allem über weite Strecken zu transportieren, führte ein Bahnanschluß vom Bahnhof Nordstemmen fast bis zur Calenberger Mühle nach dem kleinen Ort Lauenstadt. Mehl und Futtermittel mußten mittels einer Kettenbahn vom Mehllager auf der Mühleninsel über die Laufbrücke, den Verbindungsweg über den Fluß der Turbinenzuläufe, zum Eisenbahnschuppen in Lauenstadt befördert werden, wo der Umschlagplatz war. Man nannte diesen winzigen Ort, unmittelbar bei Calenberg gelegen, auch Flohagen, weil er nie mehr als 7 Häuser hatte und sprach scherzhaft vom Lauenstädter Güterbahnhof.

Die Gleisanlage mußte streckenweise von der Mühle gewartet werden. Zwischen Lauenstadt und Rössing führten die Schienen durch das Hochwassergebiet unter den Eschen, und jedes Mal wurden bei Hochwasser Schwellen freigespült. Die Instandsetzung war kostspielig und langwierig. Außer der Calenberger Mühle benutzten noch die Schulenburger und Jeinser Kohlenhändler und Landwirte den Gleisanschluß zur Anfuhr von Kohlen und Düngemitteln.

Etwa 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der Güterverkehr der Mühle von der Schiene auf die Straße verlagert. Der Fuhrpark war vergrößert worden und die Gleisanlage wurde abgerissen.

Am Zielort mußte die Belieferung der einzelnen Kunden sowieso motorisiert vorgenommen werden. Zum Schluß kam die Knochenarbeit, der Transport der Zweizentnersäcke auf dem Rücken der Transportarbeiter in die Mehlkammern der kleinen und größeren Bäckereien.

Kriegs- und Nachkriegszeit

Kriegsbedingt waren etliche notwendige Verbesserungen und Modernisierungen in der Mühle aufgeschoben worden. Als nach dem Krieg der Betrieb wieder aufgenommen wurde, gab es viele Handwerker und Arbeitskräfte, aber wegen Materialmangel konnte doch so manches nicht in Angriff genommen werden. Die Arbeitsplätze, wo Lebensmittel hergestellt oder verarbeitet wurden, waren sehr begehrt. In den Hungerzeiten fiel in einer Mühle immer etwas ab.

Das Wichtigste war vor allem, daß die Bevölkerung etwas zu essen hatte, es wurde also Getreide gemahlen. Auslandsgetreide wurde in Bremen von Überseeschiffen gelöscht und lose in Waggons geladen. Neben Weizen wurde auch Mais als Brotgetreide geliefert. Den kannte man in Deutschland bisher nur als Futtermittel. Mais ist härter als unser Brotgetreide und ließ sich ohne Vorbehandlung auf den herkommlichen Mühlen nicht vermahlen und der Maschinenpark mußte umgestellt werden. Der Mais mußte einer Wärmebehandlung von 40 Grad unterzogen werden, bevor er gemahlen werden konnte. Für die Bäcker war es ein Kunststück, mit Maismehl ordentliches Brot zu backen. Im Anschnitt sah es gelb aus wie Kuchen mit ganz viel Eiern, aber leider schmeckte es nicht so. Trotzdem war die Bevölkerung froh über das Maisbrot, denn die Lebensmittelrationen waren klein, in der schlechtesten Zeit bis 1948 zur Währungsreform, waren es nur 1000 Kalorien pro Tag.

Dass von den Amerikanern Mais als Brotgetreide nach Deutschland geliefert wurde, war angeblich ein Mißverständnis. Der deutsche Verhandlungspartner, der die Gespräche über die Hilfslieferung von Brotgetreide führte, sprach von Korn, womit er Roggen als unser übliches Brotgetreide meinte, im Gegensatz zu Weizen. Aber die Amerikaner kennen keinen Roggen, und corn ist für sie Mais, den auch sie als Futtermittel verwenden. Und so bekamen wir ganze Schiffsladungen von Mais

Not macht erfinderisch und so schildert ein ehemaliger Mitarbeiter der Calenberger Mühle noch so manches aus diesen Jahren, was den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Franz Huber war seit 1945 als gelernter Müller bei der Mühle tätig, und hat einen ausführlichen Bericht über diese Zeit geschrieben.

Die Mühleninsel

Die Mühle wurde 1586 auf einer hochwassergeschützten Insel der Leine angelegt. Aber sie umfaßte nicht nur das Mühlengrundstück, sondern es gab eine ganze Reihe weiterer alter Flurstücke, von denen die jeweiligen Mühlenpächter einige erwarben. So gab es noch die Schradersche Anbauerstelle, den Mühlengarten, die Kleine Mühlenmarsch und jenseits der Leine die Große Mühlenmarsch. Von dem eigentlichen Mühlengrundstück mit dem Kraftwerk ist aber dabei nie die Rede.

In einer kleinen Chronik über die Calenberger Mühle, vermutlich verfaßt von einem Mitglied der Familie Bremer wird berichtet, daß es der Familie Bremer gelang, die Mühle während des Krieges von der Regierung zu kaufen.

Dem widersprechen die Grundbucheintragungen im Grundbuchamt Springe. Im Grundbuch ist in den Eintragungen, die das eigentliche Mühlengrundstück betreffen, nie von der Familie Bremer die Rede. Als Eigentümer wird dort bis 1993 nur genannt.

FIRMA ERNST MALZFELDT & SÖHNE

SCHULENBURG / LEINE

Dies ist nur so zu erklären, daß die Familie Bremer die Firma Ernst Malzfeldt & Söhne aufgekauft hat und unter dem Firmennamen Malzfeldt & Söhne weiter betrieb. Sie wurde Eigentümer der Mühle, ohne selbst mit ihrem Namen im Grundbuch zu erscheinen.

Daß das einst blühende Unternehmen die Krisenzeiten in den 1980er Jahren nicht überlebte, hat sicherlich mehrere Ursachen und entbehrt auch nicht einer gewissen Tragik. Die Mühle hatte zum Schluß sieben Anteilseigner. Sie wurde an die Bremer Rolandmühle verkauft und noch kurze Zeit als Mehlmühle weiter betrieben. 1987 hörte die Calenberger Mühle auf Getreide zu mahlen, sie wurde stillgelegt und eine 400jährige Mühlentradition ging zu Ende.

Frischer Wind in alten Mauern

1988, ein Jahr später, beginnt in der Region Hannover, in Calenberg, unter der Führung von Stephan Rettenmaier, dem Sproß einer erfolgreichen schwäbischen Unternehmerfamilie von Weltformat, die Produktion von Faser-Granulaten für den Straßenbau, als Zusatz für den sogenannten Flüsterasphalt.

In der Calenberger Mühle stehen die Räder nicht mehr still, sie mahlen nun Kunststoffe statt Getreide.

Anfangs galt das Interesse der süddeutschen Unternehmer mehr der Energiegewinnung durch Wasserkraft, aber unternehmerischer Erfindergeist sah noch andere Möglichkeiten in der traditionsreichen Mühlenanlage Calenberg. Unter ihrem Geschäftsführer Stephan Rettenmaier expandiert die Firma JRS Prozeßtechnik (Josef Rettenmaier Senior) mit viel Erfolg und versucht, sich über den Inselbereich hinaus auszudehnen. Laut Zeitungsbericht wird der Erwerb der Mühlenmarsch angestrebt, wozu allerdings die Umwidmung der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche zu Industriegelände notwendig ist.

Quellen:

Pfarrarchiv Rössing: Fasc.1 A. 110, Mühlenstreitigkeiten zwischen der Rössinger und Calenberger Mühle

Persönliche Berichte der Rössinger Müllerfamilie Brünig, der letzten Mühlenpächter:

Hannoversche Allgemeine Zeitung , Landkreis-Zeitung Süd, vom Mittwoch, 30. Juli 1986

Seite 4: Heinz Koberg: Der Mühlenzwang der Calenberger Mühle

NHSA Hannover : Sudendorf, Urkundenbuch der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, Band III, Nr. 206. .Seite . 133/4 vom 24. November 1363

Werner Spieß: Die Großvogtei Calenberg, Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1933

Eckard Steigerwald: Historiker. Die Feste Calenberg, Broschüre des Rotary-Clubs, ca 1990

StA Wf, I Alt 30, Nr. 494 NHSA Cal Br 2 Nr. 335

Flurnamenlexikon und Flurnamenkarte von Alt-Calenberg, Hrsg. Landkreis Hannover 1987

Bearbeitet von Heinz Weber

Dr. Allheidis von Rohr und Dr. Edgar Kalthoff:Calenberg, „Von der Burg zum Fürstentum“.

Hannover 1979, Hrsg. Hist. Museum

Franz Huber, Schulenburg/Leine, Königsberger Str. 8

Calenberger Mühle, Ernst Malzfeldt & Söhne und Familie Bremer :Copy-Druck, Privatbesitz

Die Holzmüller“Geburtstagsbuch für Josef Rettenmaier zum 80. Geburtstag am 4. Juli 2004

Der Dorfladen in Rössing

Springer Jahrbuch 2015

Helga Fredebold

Zur Geschichte des neuen Dorfladens in Rössing Rnah: Tante Emma war gestern

Als das letzte Lebensmittelgeschäft in der Kirchstraße Nr.10 am 31. Januar 2012 geschlossen wurde, hatte Rössing außer der Schlachterei von Wolfgang Meyer, Bahnhofstr. 9 und einer Bäckereifiliale von Oppenborn aus Schulenburg im gleichen Hause, kein weiteres Geschäft mehr im Ort, wo man den täglichen Bedarf an Lebensmitteln decken konnte.

Im März 2012 unterbreitete Tita Frfr. von Rössing, unsere Ortsbürgermeisterin, uns

ihre Idee mit der Gründung eines neuen Dorfladens auf genossenschaftlicher Basis.

In ihrer mitreißenden Art gelang es ihr, die Dorfbewohner von dem Projekt recht schnell zu überzeugen. Im Oktober wurde eine GmbH gegründet, deren Gesellschafter die Dorfbewohner sind, durch Zahlung einer Einlage von mindestens 100 EU pro Anteilschein. Diese werden treuhänderisch von einem Treugeberbeirat verwaltet. Es wurde eine Summe aufgebracht, die für den Umbau, die Einrichtung und den ersten Wareneinkauf reichte.

Der Ausbau des letzten „Gemischtwarenladens“ in der Kirchstraße 10 wurde mit Elan in Angriff genommen. Unermüdlicher Einsatz, viel Idealismus und finanzielle Zuwendungen der Bevölkerung führten zum Ziel. Da man sparsam mit dem Geld umgehen wollte, wurden auch gebrauchte Materialien verwendet, aber dadurch verzögerte sich die Fertigstellung, so dass man die angepeilten Termine nicht ganz einhalten konnte.

Endlich war es so weit. Am 16. Mai 2014 wurde der neue Dorfladen eröffnet. Mit der Namensgebung Rnah, R – für Rössing und –nah für Nahversorger, haben die Rössinger nicht nur bewiesen, dass sie nicht nur zu einer aussergewöhnlichen Gemeinschaftsleistung fähig sind, sondern dass sie auch einen ganz besonderen Sinn für Humor haben.

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Wenn die Rössinger Männer nun in Zukunft zu Rnah gehen, dann hat das absolut nichts Anrüchiges an sich, sondern sie gehen ganz brav einkaufen.

Denn dieses zentral gelegene Haus in der Kirchstraße Nr.10 hat Tradition, schon seit über 100 Jahren werden in diesem Haus Lebensmittel verkauft.

Die Kirchstraße Nr. 10 hat die alte Hausnummer 112. Was es mit den alten und neuen Hausnummern auf sich hat, ist den älteren Dorfbewohnern oft noch bekannt, aber den jüngeren kaum, wenn sie in alten Familienpapieren darauf stoßen. Die alten Hausnummern sind die Versicherungsnummern der ersten Brandkasse, die König Georg III, König von England und Kurfürst von Hannover etwa 1760 zwangsweise einführte, damit bei den zahlreichen Bränden, die häufig ganze Dörfer einäscherten, die Bevölkerung nicht total verarmte. Diese Versicherungsnummern der Brandkasse wurden die Hausnummern. Sie mußten deutlich sichtbar außen am Hause angebracht werden, damit man das Haus im Notfall auch schnell fand und jedes neu erbaute Haus erhielt die nächst höhere Versicherungs- bzw. Hausnummer, in Rössing waren es 191.

Erst als nach dem Zweiten Weltkrieg etwa 1950 für die Unterbringung der vielen Vertriebenen aus den verlorenen Ostgebieten ganze Neubauviertel entstanden, wurden Straßennamen eingeführt und jede Straße bekam eigene Hausnummern, die mit Nr. 1 begannen.

Das Haus Nr. 112, (Kirchstraße Nr. 10) wurde zwischen 1867 und 1878 von Friedrich Haller erbaut, der darin einen „Galanteriewaren und Hokenhandel“ betrieb. Es ist etwa 140 Jahre alt und hatte aber sicher schon einen Vorgänger. Friedrich Haller gehörte zu der Familie Haller, die im „Adeligen Krug“, der später „Gasthaus zum Löwen“ hieß, Kirchstraße 21, eine Gastwirtschaft und einen Getreidehandel betrieb. Man erkennt es noch an der Dachgaube, wo früher die Kornsäcke hochgezogen wurden.

Friedrich Haller verkaufte einmal das, was wir heute als Kurzwaren bezeichnen, also normalen Nähbedarf wie Steck- und Nähnadeln, Nähgarn, Zwirn und Knöpfe. Aber darüber hinaus führte Friedrich Haller Galanteriewaren, das sind Tressen, Spitzen, Bänder, Paspel, Schmuckelemente für den gehobenen, eleganten Zierrat für festliche Damenkleider oder Hüte. Die Kleider wurden damals noch zu Hause von der Hausfrau oder einer Hausschneiderin angefertigt, die von Haus zu Haus zog, und da bestand Bedarf für solche Artikel. Die ersten Kaufhäuser, die auch fertige Damen- oder Kinderkleider anboten, entstanden erst später, etwa um 1900 in Berlin.

Und „Hokenhandel“ war eigentlich ein „Kiepenhandel“, und der Betreffende hatte eine Konzession, dass er über Land fahren und seine Waren auch in andern Orten anbieten durfte.

Wie lange genau Friedrich Haller seine Galanteriewaren dort verkaufte, wissen wir nicht. Aber schon vor über 100 Jahren, im Reichsadressbuch von 1908, wurde in diesem Haus ein Georg Beneke als Inhaber eines Gemischtwarenladens aufgeführt. Dieser Georg Benecke war allerdings kein Verwandter von der Familie Beneke, die heute im Loderwinkel 3 wohnt.

Unter einem Gemischtwarenladen verstand man aber nicht nur Lebensmittel, sondern eigentlich war es schon ein Supermarkt im Kleinen, nur mit einem völlig anderen Angebot als heute. Zucker stand im Sack herum. Mehl, Nudeln, Graupen und Sago wurden lose in Schubladen aufbewahrt und auf einer Tafelwaage mit kleinen Gewichten in Papiertüten abgewogen, nichts war fertig abgepackt. Außerdem gab es Kernseife, Schmierseife, Soda zum Geschirrabwaschen, Schuhkrem und Zündhölzer, Maggi, das aus einer großen Flasche abgefüllt wurde und Glaszylinder für Petroleumlampen und dazu das notwendige Petroleum. Denn elektrisches Licht gab es erst nach 1911 in Rössing und noch längst nicht für alle Haushalte. So lange hatte man auf dem Lande nur Kerzen oder Petroleumlampen als Beleuchtung, daher die vielen Brände durch offenes Licht.

Oft wurden diese Geschäfte auch Kolonialwarenläden genannt, weil sie Kaffee, Kakao, Tee oder auch Reis und andere Waren verkauften, die aus den überseeischen deutschen oder ausländischen Kolonien stammten.

Allerdings hatte Georg Beneke auch 1908 schon Konkurrenz im Dorf. Außer ihm gab es noch drei andere „Gemischtwarenläden“, wie sie sich damals nannten. Das waren

Nolte, in der Kirchstraße 2, später war der „Konsum“ in diesem Laden, danach Ruhkopf. Außerdem gab es Runne, Kirchstraße 14, und Speckesser in der Langen Straße 12, den später die Tochter Frau Petsch von ihren Eltern übernahm.

Wie weit sich diese Geschäfte von einander unterschieden, oder ob alle das gleiche Angebot hatten, können wir heute nicht mehr feststellen.

Jedenfalls existierten sie alle noch nach 1945.

Pläne im Zweiten Weltkrieg

Im Kriegsjahr 1940 kam ein Auswärtiger ins Spiel, Wilhelm Moldenhauer aus Nordstemmen. Seine Vorfahren betrieben seit 1887 im Stammhaus in Nordstemmen, in der Hauptstraße Nr. 113 einen Gemischtwarenladen und einen Hokenhandel in der Umgebung, wo man die Waren bestellen konnte, die dann in die anderen Dörfer ausgeliefert wurden. 1935 übernahm Wilhelm Moldenhauer in der dritten Generation die Firma in Nordstemmen.

Er wollte das „Überlandfahren“ aufgeben, aber trotzdem das Geschäft ausweiten. Er plante die Gründung einer Filiale und kaufte im Kriegsjahr1940 in Rössing das Haus von Georg Beneke, Kirchstraße Nr. 10. Aber der Krieg machte alle Pläne zunichte. Er mußte Soldat werden und kehrte aus Stalingrad nicht zurück.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg war das Haus mit Flüchtlingen und Vertriebenen vollgestopft, wie alle Häuser in dieser Zeit. Im Gemischtwarenladen von Georg Beneke im Erdgeschoß verkaufte Frau Härke Milch, die lose ausgeschenkt wurde. Sie wohnte Kirschenbrink 5. Ihr Schwiegersohn Karl Richter war Milchfahrer und seine Frau Marla, geb. Härke wurde von der Gemeinde als Leiterin der Gemeinschaftsküche Ende 1946 fest angestellt und half beim Milchverkauf mit aus.

Bis zum Herbst 1947 war die Einwohnerzahl in Rössing von 1168 vor dem Krieg auf 2390 gestiegen, und Frau Härke wollte im Dorf eine zweite Milchverkaufsstelle einrichten, denn Tetrapack und H-Milch waren noch unbekannt. Doch das wurde von der Gemeinde nicht für erforderlich gehalten. Um eine schnellere Abwicklung zu ermöglichen, sollte Frau Härke ihr Personal aufstocken. Später errichtete sie dann die „Milchhalle“ an der Feuerwache, die inzwischen zu einer „Pizzabäckerei“ umfunktioniert wurde.

Erika Moldenhauer, als Kriegerwitwe mit zwei kleinen Kindern, konnte die Pläne ihres gefallenen Mannes mit einer Filiale in Rössing vorerst nicht verwirklichen.

Aber sie packte beherzt an, resolut war sie, und erweiterte in den folgenden Jahren das Nordstemmer Geschäft räumlich, personell und leistungsmäßig bedeutend.

Als dann im Jahr 1949 die Wohnungskommission in Rössing in ihrem Haus in der Kirchstraße 10 Räume für ein Gemeindebüro beschlagnahmen wollte, was sich aber zerschlug, bekam sie unter großen Schwierigkeiten die Räume für die Einrichtung eines Kolonialwarengeschäftes frei und ein Geschäftsführer, bzw. Pächter stand auch schon bereit, Hermann Raupach, den viele im Dorf noch kennen.

Im Juli1946 war seine Frau Edith Raupach mit vier Kindern als Vertriebene aus Neuhammer Kreis Bunzlau/Schlesien in Wohnräume im Geschäftshaus der Familie Moldenhauer in Nordstemmen eingewiesen worden. Ein paar Wochen später kam der Familienvater Hermann Raupach aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück, glücklich, daß er seine Familie wiedergefunden hatte. Er bekam auch gleich Arbeit bei „Landmaschinen-Müller“, die im gleichen Hause wohnten und nach drei Jahren wurde er als Verkäufer im Moldenhauerschen Laden eingestellt, als Vorbereitung für die Übernahme der Rössinger Filiale.

Hermann Raupach war gelernter Bäckermeister und Konditor und hatte in Schlesien schon seit 1930 eine Bäckerei mit Kolonialwarengeschäft betrieben. Er pachtete ab Januar 1950 den Moldenhauerschen Laden in Rössing. Die Familie mit inzwischen fünf Kindern bekam erst im Mai 1951 In Rössing Wohnraum durch Tausch zugewiesen, aber der Betrieb ließ sich sehr gut an.

Erneuter Wechsel

Inzwischen wuchsen die beiden Kinder von Frau Moldenhauer heran und der Sohn Peter machte eine kaufmännische Ausbildung mit der Absicht, das Geschäft in Rössing zu übernehmen.

1959 war es so weit. Familie Raupach hatte noch nicht mit so einem schnellen Wechsel gerechnet und davon war wohl auch bei Abschluss des Pachtvertrages nicht die Rede gewesen. Aber Raupachs hatten schon Pläne für den Neubau eines Hauses mit Laden in der Bahnhofstraße Nr.12, die nun schnellstens realisiert werden mussten. Noch im gleichen Jahr 1959 zog die Familie um und Hermann Raupach eröffnete dort selbst ein Lebensmittelgeschäft. Anfangs waren sie freie Händler, schlossen sich aber später der „Rewe-Gruppe“ an.

Viele Jahrzehnte versorgten er und seine Frau und später Tochter Renate Böger, geb. Raupach, die Bewohner vor allem in den ringsum entstandenen Neubaugebieten mit den Dingen des täglichen Bedarfs.

Aber die steigende Mobilität der Dorfbewohner änderte auch ihr Einkaufsverhalten. Die Supermärkte, die in den umliegenden größeren Orten allmählich entstanden, zogen viele Kunden ab. Als Renate Böger das Rentenalter erreicht hatte und kein Pächter zu finden war, gab sie das Geschäft am 30. April 2008 auf. Für die Rössinger war es ein herber Verlust. Denn Renate Bögers Laden war nicht nur ein Geschäft, in dem man seine Einkäufe tätigte, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. Dort traf man seine Nachbarn, konnte mal ein paar Worte wechseln und Frau Böger hatte für jeden ein offenes Ohr und ein freundliches Wort.

Junge Leute am Ruder

Als Peter Moldenhauer am 14. März 1959 das Geschäft von seiner Mutter in der Kirchstraße übernahm, hatte er große Pläne gehabt. Fünf Monate dauerte der Umbau zu einem modernen Selbstbedienungsladen. Während dieser Zeit fand der Verkauf in der ersten Etage statt, bis am 20. August 1959 die Eröffnung des neuen Geschäftslokals erfolgte. Er führte den Laden etwa zwei Jahre. Aber dann entdeckte er, dass so ein Lebensmittelgeschäft auf dem Dorfe doch nicht sein Lebensziel wäre und er begann ein Studium.Frau Erika Moldenhauer führte nun zusammen mit Ingrid Schwick, einer Kusine, die schon seit 1954 bei ihr arbeitete und ihre „Rechte Hand“ im Geschäft war, den Nordstemmer und den Rössinger Laden bis etwa 1973 weiter.

Die Lichter gehen aus

Dann wollte sich Frau Moldenhauer zur Ruhe setzen und das Rössinger Geschäft wurde geschlossen. Die Geschäftsräume In Rössing ließen sich als Ladenlokal nicht wieder vermieten. Da schloss Frau Moldenhauer für die Räume einen fünfjährigen Mietvertrag mit der Gemeinde Nordstemmen ab, die darin einen Kinderspielkreis einrichten wollte. Aber diese Pläne zerschlugen sich, weil die erforderlichen Umbauarbeiten zu teuer geworden wären. Eine andere Nutzung ergab sich nicht, so blieben die Räume fünf Jahre ungenutzt und die Gemeinde mußte fünf Jahre die Miete dafür bezahlen.

Neuanfang

Erika Moldenhauer verkaufte nun das Haus Kirchstraße 10 in Rössing an Frau Ingrid Borsum, die dort im November 1978 einzog und am 1.März 1979 wieder ein Lebensmittelgeschäft eröffnete. Familie Borsum hatte das Grundstück daneben dazugekauft um den Laden zu vergrößern, und die Außenfront wurde neu gestaltet.

Wenn man so lange ein Geschäft hat, erlebt man auch allerlei. Ein treuer, wenn auch nicht unbedingt der Lieblingskunde, war Friedel Koch, Hofbesitzer und Sattler in der Kirchstraße Nr. 12. Viele Ältere unter Ihnen werden sich noch an ihn erinnern, und an seine häuslichen Verhältnisse und seine Viehhaltung. Er war nicht verheiratet und lebte allein. Er hielt sich immer gern lange im Laden bei Frau Borsum auf. Er suchte Gesellschaft, redete viel mit den anderen Kunden und wenn er dann endlich ging, mußte erste einmal die Türe weit aufgerissen und gelüftet werden, damit wieder frische Luft in die Räume kam.

Von 13 bis 15 Uhr war Mittagspause und der Laden geschlossen. Als Frau Borsum einmal das Geschäft um 15 Uhr wieder öffnen wollte, stand schon ein Mann mitten im Laden mit einer Bierflasche in der Hand, da hatte sie vergessen, die Tür abzuschließen. Aber es war ja gut ausgegangen.

Ein anderes Mal ging es nicht so glimpflich ab. Während der Urlaubszeit, als Familie Borsum verreist war, wurde eingebrochen. Aber die Täter hatten es nur auf die Zigaretten und Alkoholika abgesehen, alles andere hatten sie nicht angetastet. Aber der sonstige Sachschaden schlägt ja auch zu Buche.

20 Jahre lang hielt Frau Borsum die Stellung in ihrem Selbstbedienungsladen. Aber für die kleineren Lebensmittelmärkte wurde es immer schwieriger. Die großen Supermärkte mit ihrem „Rundum“-Angebot machten ihnen das Leben schwer.

Frau Borsum meldete das Geschäft nach 20 Jahren zum 31.Mai 1999 ab und verkaufte das Haus per 1. Juni 1999 an Frau Gudrun Akthar, die dort seitdem ein kleines Gemischtwarengeschäft betrieb. Wegen des umfangreichen Ausbaus der Kirchstraße 2008/9 war ihr Geschäft über ein Jahr lang praktisch nicht mit dem Auto und zu Fuß nur unter Schwierigkeiten zu erreichen. Es gelang ihr nicht, die Durststrecke zu überwinden und das Angebot war wohl auch nicht so das Richtige. Jedenfalls schloss sie das Geschäft am 31. Dezember 2011.

Ein neuer Dorfladen

Nun bemüht sich die Dorfgemeinschaft, in dem Hause Kirchstraße Nr. 10 einen „Dorf- Laden“ auf genossenschaftlicher Basis in Gang zu bringen, Rnah nicht nur anzuschieben, sondern sie auch am Laufen zu halten. Es ist schon sehr viel Arbeit geleistet. Aber auch in Zukunft ist freiwilliger Einsatz in der Geschäftsführung, beim Treugeber-Beirat und bei der Vertretung der Anteilseigner nötig, damit das Projekt auf Dauer den Erfolg hat, den wir uns alle wünschen.

Bierbraurecht in Rössing

Seit „ondencklichen“ Zeiten gilt herrschaftliches Bierbrau-Recht

Springer Jahrbuch Helga Fredebold

Schon im 12. Jahrhundert fand das in Rössing hergestellte Bier in einer Hebeliste des Klosters Helmarshausen an der Diemel eine frühe schriftliche Erwähnung. Das Kloster Helmarshausen besaß in Rössing eine bedeutende Fronhofswirtschaft und wenn der Abt dreimal im Jahr nach Rössing kam, um die Abgaben einzusammeln, mußte er hier drei Tage mit 12 Knechten und ihren Pferden beherbergt und mit Met und Bier versorgt werden.

Bier spielte in der Ernährung, bevor man Tee und Kaffee oder Kaffeersatz kannte, eine viel wichtigere Rolle als heute. Und zwar weniger als Genußmittel, sondern als täglicher Durstlöscher neben Milch und Buttermilch, denn das Brunnenwasser war meist ungenießbar.

Durch Zufall würziges Bier

Die Qualität dieses Bieres war aber kaum mit der heutigen zu vergleichen. Im Museumsdorf Cloppenburg wird die Herstellung eines solchen einfachen Dünnbieres beschrieben:

In ein halb Meter hohes, nach oben verjüngtes Faß mit Spundloch über dem Boden werden 10 Pfund gesäuertes Schwarzbrot zu einem Viertel mit warmem und zu drei Viertel mit kaltem Wasser übergossen. Nachdem das Fass luftdicht verschlossen und der Aufguss zwei Tage gegärt hat, kann gezapft werden.

So oder ähnlich durfte auch hier die hochmittelalterliche Braukunst ausgesehen haben.

1516 erließ der Bayerische Landtag sein berühmtes Reinheitsgebot, dass außer Wasser, Hopfen und Gerste keine weiteren Zutaten zur Bierherstellung verwendet werden dürften.

Im Calenbergischen wurde der Ruf des Bieres erst besser, als Cord Broyhan 1526 in Hannover zum ersten Mal durch Zufall ein würziges Bier von guter Qualität herstellte, als er versuchte, ein Hamburgisches Bier nachzubrauen. Er war Brauknecht in Hamburg gewesen und sein Broyhan-Teiken (Zeichen) kennt jeder Hannoveraner.

Auch Ihnen ist der Hahn nicht neu, der Broyhan ist’s von Gildebräu.

1546 gründeten hannoversche Bürger die Gildebrauerei, in der bis zum Jahre 2002 der Broyhan gebraut wurde. Dann wurde das Unternehmen an den internationale Konzern InBev verkauft, und seitdem schwebt über der Zukunft dieses althannoverschen Traditionsbieres ein großes Fragezeichen.

Strenges Bier- und Schankrecht

Schon früh hatten die Landesfürsten die Brauhoheit an sich gezogen. Brau- und Schankrecht waren besondere Privilegien und wurden von den Welfenfürsten streng geregelt.

In einem fürstlichen Dekret von 1643, also unmittelbar, nachdem für die welfischen Lande der 30jährige Krieg durch den Separatfrieden von Goslar zu Ende gegangen war, wurde noch einmal darauf hingewiesen, dass „eigenmächtiges Bier- und Broyhanbrauen zu feilem Kauf auf den Doerffern“ verboten ist.

Es wird verwiesen auf den Gandersheimer Landtsagabschied von 1601, weil bei diesen „schnoeden und zerruetteten Kriegslaeuften, da fast alle gute Polizey und Ordnung aus der Acht gesetzet worden, das Winkelbrauen zu feilem Kauff haeufig eingerissen.“

Porst, ein schädliches Kraut

1710 wurde den Pächtern des Brauwesens bei strenger Strafe verboten, beim Anbrauen des Bieres „ein gewisses Kraut namens Post (auch Porst oder Rausch genannt) zuzusetzen, weil es dem Getränk eine ungemeine und schadhafte Stärke giebet.“

Wer als Brauknecht (ohne Wissen des Brauherren) diesem Verbote zuwider handelte, sollte mit ewiger Landesverweisung bestraft werden.

Wir, Georg Ludewig von Gottes Gnaden Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / des Heiligen Römischen Reichs Ertz=Schatzmeister und Churfürstfügen hiermit zu wissen; Demnach Uns mißfälligst vorkommen, was gestalt hin und wieder in Unseren Landen bey Anbrauung des Biers ein gewisses Kraut / Post benahmt, von betrügerischen eigennützigen Leuten häuffig gebraucht werde, welches von der Eigenschaft seyn soll, daß es dem Geträncke eine ungemeine und schadhaffte Stärke gebe und auch diejenige, so nur in geringer Quantität davon genossen, schleunig berausche; Wir aber solchem Unwesen also länger nachzusehen und desto weniger gemeinet, als dadurch dem menschlichen Cörper leichte Ungelegenheit zugezogen, auch sonst allerhand Unfall und Böses verursachet werden kann. Als ordnen und wollen wir hiemit und in Krafft dieses, daß

I kein Brauer sich unternehmen solle, solches Kraut, oder wodurch sonst dem Bier eine ungewöhnliche Stärcke gegeben wird, unter einigerley Vorwandt zu kauffen,oder in seinem Hause finden zu lassen, bei fünffzig Thaler Straffe. Würde sich aber

II jemand gelüsten lassen, solches ins Bier zu geben , und er dessen über kurtz oder lang überführet werden, soll derselbe ohne eintziges Nachsehen, und etwan anzunehmende Entschuldigung, auf Zeit Lebens der Brau=Gerechtigkeit verlustig erkläret, auch überdem, wann dadurch jemand an seiner Gesundheit gelitten, ohnausbleiblich am Leibe gestraffet, und zu Ersetzung alles sonst dadurch erwachsenen Schadens angehalten werden. Sollte aber

III jemand sein Brauwesen oder Brau=Gerechtigkeit verpachtet haben, und es sich finden solte, daß es mit seinem Wissen und Genehmhaltung nicht geschehen, so hat obermedlte Straffe an ihn nicht statt, der Pächter aber soll nebst Privirung der habenden Pacht, und Ersetzung des etwan entstamdenen Schadens, mit einer ansehnlichen Geldbusse, auch wohl dem Befinden nach Leibes=Straffe beleget, und auf Zeit=Lebens zu keinem Brauwerck wieder gelassen werden. Würde auch

IV ein Braumeister/Brauknecht, oder ander desBrauherrn domestique sich unterstehen, dergleichen ohne Wissen und Verlangen des Brauherrn vorzunehmen, soll derselbe mit ewiger Landes-Verweisung, diejenigen aber, welche sich durch Anreitzungen der Brauherren dazu verleiten lassen, mit zehn=tägiger Gefängnüße bestrafft werden. Und damit dieses desto besser zu jedermanns Wissenschaft kommen möge, soll es nicht allein gewöhnlicher Orten öffentlich angeschlagen und von den Cantzeln verlesen, sondern denen Brauern, Braumeistern, Brauknechten, auch andern, welche zum Brauen berechtigt, davon ein Exemplar zugestellt und bei allen und jeden Zusammenkünfften der Brauer deutlich und vernehmlich hergelesen werden. Befehlen demnach allen und jeden, welche in Unserm Nahmen zu gebieten und verbieten haben, daß sie sich darnach gebührend achten, deßfalls fleißige Auffsicht führen, und öffters visitiren lassen, auch gegen die Contravenienten ihres Ambts gebührend pflegen sollen. Uhrkundlich haben Wir dieses Eigenhändig unterschrieben und mit Unserm Churfürstl. Geheimbten Cantzley=Secret bedrucken lassen. ^

Hannover, den 20. Augusti 1710,

LS Georg Ludewig/ Churfürst

1723 wurde die Verordnung noch verschärft. Übeltäter sollen angezeigt werden und der Denunziant 20 Taler Belohnung erhalten. Sein Name soll verschwiegen, und der Täter mit Festungshaft betraft werden.

Das Erntebier

Zwar durfte auf den Kot- und Meierhöfen, soweit sie über 12 Morgen bewirtschafteten, zwischen dem 24. Juli und dem 25. August das Erntebier für die Leute gebraut werden, aber die Menge war genau vorgeschrieben. Nach einem fürstlichen Erlaß von 1713 durfte nicht mehr Bier als von einem halben Himpten Malz gebraut werden, die Menge pro Morgen war auf anderthalb Stübchen (1 Stübchen 3,89 Liter) begrenzt. Alle vier Monate sollten die Licentinspektoren auf den Höfen kontrollieren, ob nicht zu viel Bier gebraut wurde.

Alle, die berechtigt waren, ihr „Hausgetränk“ licentfrei zu brauen, wie Prediger, Schulbediente, Voigte oder Förster, sollten sich bei Strafe unterstehen, etwas davon zu verkaufen oder anstatt Bezahlung für Handwerkerrechnungen oder Spinn- und Arbeitslohn abzugeben. Das „versellen“ (verkaufen) war allein den „Krügern“ vorbehalten.

Das Nebeneinander zweier Herrschaftsbereiche im Dorfe prägte nicht nur seine Geschichte, sondern war auch die Ursache für die Existenz zweier Krüge in Rössing.

Da war auf der einen Seite das Gut der Herren von Rössing, die gleichzeitig Grundherr, Leibherr und Gerichtsherr ihrer Gutsuntertanen in einer Person waren, eine Konstellation, die heute von jedem Gericht als Befangenheit abgelehnt würde. Sie waren seit „ohndencklichen“ Zeiten mit dem herrschaftlichen Privileg des Braurechts, des „Jus braxandi“ ausgestattet, was ihnen 1676 noch einmal ausdrücklich bestätigt wurde.

Der licentfreie „Adelige Krug“, wo das Bier gebraut wurde, befand sich nahe dem Schloß, an der Ecke „Unter den Eichen“, heute Kirchstraße 21 (früher Hausnr.97). Ein Gewölbekeller aus Bruchsteinen mit in die Wand eingelassener Lichtnische und einem schmalen Außenschacht liegt in der Mitte des Gebäudekomplexes und dürfte der älteste Bauteil des Kruges sein. Der gutseigene Hopfengarten am Jägerweg lieferte den notwendigen Hopfen und bis vor einigen Jahren soll man dort noch verwilderte Hopfenpflanzen gefunden haben. Als der „Adelige Krug“ 1981 seine Pforten für immer schloß, hieß er allerdings „Zum goldenen Löwen“ und war schon lange nicht mehr im Besitz der Herren von Rössing.

Blutige Schlägerei

Aber vorher war er Schauplatz mancher tragikomischen Geschichte. So ist es heute noch aktenkundig, dass 1648 des „Junkers Hofmeister, der in Junkers Kneipe gesessen und gesoffen hatte“ vom Calenberger Amtsvoigt „gefenglich“ weggeführt werden sollte, weil er dem Krüger von Jeinsen, der mit seinem Wagen und einem Pferd über des Junkers frisch gepflügtes Land gefahren war, um dem Calenbergischen Wegezoll zu entgehen, nach landesüblichem Brauch ein Pferd gepfändet hatte. Des Junkers Krüger mit dem bloßen Degen und sein Hofgesinde griffen ein und es gab eine blutige Schlägerei, die vor dem fürstlichen Hofgericht noch ein Nachspiel hatte, denn die Angelegenheiten der Adelligen Herren wurden vor dem Hofgericht verhandelt und nicht vor dem Amtsgericht wie bei dem Normalbürger.

Im Jahr 1767 vergab A.F. von Rössing „wegen des hiesigen geringen Brauwesens

seine Braurechte gegen Zahlung von zwei Louisdor (zehn Reichstalern) jährlich an die Calenbergische Amtsbrauerei. Der „Adelige freie Krug“ wurde an Erich Garben verpachtet, der jährlich zwei Reichstaler Erbenzins dafür zahlte.

In der napoleonischen Zeit wurde unter anderem auch die Patrimonialgerichtsbarkeit der Herren von Rössing aufgehoben. Aber bei der nachfolgenden Restitution wurde ihnen 1848 die niedere Polizeigewalt wieder übertragen. Wohl um Gewissenskonflikte zu vermeiden, holte man sich für dieses Amt einen Ortsfremden von weither aus dem Emsland. Zu seinen Aufgaben gehörte vor allem:

das Aufsichtführen im Kruge und im Holze, auf Sittlichkeit und gute Ordnung ein wachsames Auge richten und vor allem im Adeligen Wirtskruge nachsehen, dass kein schlechtes Gesindel aufgenommen und beherbergt werde. Verdächtige ohne Pass sind zu arretieren und keine verbotenen Spiele zu dulden. Nach 10 Uhr abends sind keine Gesellschaften im Kruge oder sonst polizeiwidrige Zusammenkünfte zu gestatten. Beim Krüger sind Masse und Gewicht der Krugnahrung zu kontrollieren und ob die diesbezüglichen Polizeigesetze befolgt werden.

Offenbar war abends um 22 Uhr bereits Polizeistunde.

Gesellschaftlicher Wandel und dörfliche Vergnügen

Zum Kruge gehörte eine kleine Landwirtschaft etwa in der Größe einer Köthnerstelle, (ca. 20 Morgen), dazu Stall und Scheune. Im nördlichen Teil wurde ein Saal angebaut, in dem man bei Renovierungsarbeiten die Jahreszahl 1854 entdeckte. Nun gab es auch Tanzvergnügen dort und hier fanden die Gemeinderatssitzungen statt, später im Wechsel mit dem andern Dorfkrug „Rodewald“.

Der Krug hieß nun Brandscher und dann Kreipescher Krug. Von 1880 bis 1971 befand sich das Gasthaus im Besitz der Familie Haller und ihrer Nachfahren, die dort außerdem einen Getreidehandel betrieben. Über dem Saal war der Kornboden, was man noch an der Aufzuggaube erkennen kann.

Nach der Heirat einer Haller-Tochter im Jahr 1913 betrieb das Ehepaar Haller-Caspaul die Gaststätte gemeinsam, und in den 1930er Jahren wurde sie verpachtet. Der Pächter Heise war Mitglied der SA und in der NS-Zeit wurde sie Stammlokal der SA. Darauf folgte der Pächter Willenbrink, und als 1951 die Familie Georg Hübner aus Löwenberg in Schlesien den Betrieb pachtete, gehörten auch Fremdenzimmer und eine Kegelbahn dazu. Das Gasthaus hieß nun „Zum goldenen Löwen“. Außer Kegeln, Tanz und sonstigen Vergnügen fand dort auch Turnunterricht für die Kinder statt.

1971 konnten Hübners den Betrieb kaufen, aber schon 10 Jahre später starb Georg Hübner und seine Witwe veräußerte das Grundstück mit den Gebäuden. Seit 1981 ist es nur noch Wohnhaus und im Besitz von Dr. Gerhart Unterberger.

Der zweite Dorfkrug

Da Rössing neben dem Adeligen Gut eine zweite Verwaltungseinheit hatte, nämlich die calenbergische Vogtei Rössing, war es folgerichtig, daß es auch einen zweiten Dorfkrug gab. Dieser mußte sein Bier von der herrschaftlichen Amtsbrauerei beziehen und war einer der 20 Zwangskrüge im Amt Calenberg.

Von 1768 bis 1802 hatte der Köthner Hans Heinrich Blume, Rössing Nr. 15, jetzt Lange Straße 7, die „Krugnahrung“ vom Amte Calenberg gepachtet, was alle vier Jahre meistbietend erfolgte. Als im Jahre 1802 der 24jährige Sohn Johannes Heinrich Julius Blume in Vertretung seines todkranken Vaters zur Versteigerung erschien, ließ er sich in seiner jugendlichen Unerfahrenheit auf 48 Reichsth. hochtreiben. Als nach einem halben Jahr der Vater starb, bat er in einem flehentlichen Brief den Amtmann um Reduzierung des Pachtgeldes auf 20 Rthl. jährlich, wie sie der Vater zuletzt bezahlt hatte.

Der Krug in Jeinsen bezahle nur 18 Rthl. und habe doch viel mehr Passage durch reisende Gäste, was er nicht zu erwarten habe. Sein Vater habe sein bescheidenes Vermögen auch nicht im Kruge, sondern als Alleininhaber des Garn- und Hokenhandels verdient und sei zudem durch einen Banquerotteur in Hildesheim darum betrogen worden.

Aber das Amt wollte die Pacht nicht senken, sondern ihn allenfalls nach einem Jahr aus dem Vertrag entlassen. Doch weil der junge Mann nicht wußte, wie er sonst seine unmündigen Geschwister versorgen sollte, und das Haus mit allem Inventar zur Wirtschaft eingerichtet war, führte er den Krug weiter, ging dabei in Konkurs und verkaufte Haus und Grundstück an Schlachter Schreyer in Jeinsen. 1806 ging dann beides in den Besitz des jüdischen Kaufmanns Nathan Schay-Neuberg aus Sarstedt über, der den Hokenhandel von Vater Blume weiter führte.

Wechselnde Pächter

Die Kruggerechtigkeit im Dorf wechselte nun ständig. Seit 1806 mußte der Köthner Conrad Köhler 60 Rthl. Pacht zahlen. Nach seinem Tode bewarb sich der Köthner Heinrich Blume (Haus Nr. 46) darum und 1816 war Conrad Brandes Krugpächter. Eingaben wegen zu hoher Pachtsummen schmetterte das Amt einfach ab und warf den Pächtern „schlechte Wirtschaft“ oder „Liebe zum Trunke“ vor. Dazu muß gesagt werden, dass die französische Besatzung hohe Kontributionen verlangte und das Dorf durch den großen Brand von 1808, der das halbe Dorf in Schutt und Asche legte, zusätzlich verarmt war. So lag das Krugwesen ziemlich darnieder.

Als um 1860 der Rodewald-Dettmersche Hof, die Doppelköthnerstelle 39/40 neu gebaut wurde, pachtete die Familie für die mehrjährige Bauzeit das gegenüberliegende

Haus Nr. 37, das die Kruggerechtigkeit innehatte. Beim Umzug in den Neubau wurde die Konzession mitgenommen und die Familie Rodewald betrieb neben ihrer Landwirtschaft über 100 Jahre eine renommierte Gastwirtschaft, die 1898 durch einen großen Festsaal erweitert wurde. Dort verkehrten hauptsächlich die Bauern und Handwerksmeister und viele große Hochzeiten fanden dort statt. Eine Kegelbahn war ein weiterer Anziehungspunkt.

Ab 1. Januar 1965 war die Gaststätte an Annie und Wilhelm Biermann verpachtet, bis sie 1979 geschlossen wurde. Damit ging wieder ein Stück Rössinger Tradition zu Ende.

Inzwischen hatte sich in der Langen Straße 22 noch eine Gaststätte etabliert, der eine Postagentur angegliedert war. Sie wurde von Familie Reitzig betrieben und war das Vereinslokal des 1897 gegründeten Sportvereins. Aber als Rodewald seinen Saal gebaut hatte, der auch als Turnhalle benutzt wurde, zogen die Sportler nach dorthin um.

Das Haus Reitzig wurde 1909 an Bäckermeister Hermann Dollenberg verkauft, der neben seiner Bäckerei Gaststätte und Post bis zum ersten Weltkrieg weiter betrieb. Damals hatte sie als Attraktion sogar ein Billardzimmer. 1914 verkaufte er die Konzession für (für 8.500 Mark) und das Inventar (für 2.250 Mark) an den Posthalter und Kohlenhändler Gustav Ehlers im Haus gegenüber, der beides weiterführte, als er aus dem Kriege heimkehrte, den er als Soldat der Kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwest-Afrika (heute Namibia) erlebte.

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Moderne Zeiten

Die Eheleute Ehlers starben 1953/54 und hinterließen einen Sohn Siegfried, der noch nicht volljährig war. Aber er wurde vom Gericht 1955 mit knapp 20 Jahren für mündig erklärt und konnte das Gasthaus, in dem er drei Gastzimmer einrichtete, und den Kohlen- und Brennstoffhandel seiner Eltern weiterführen.

Aber mit der zunehmenden Qualität des Flaschenbieres und dem Aufkommen des Fernsehens brachen schlechte Zeiten für die Wirtshäuser an. Zunächst hatten sie noch Zulauf, wenn sie einen Fernseher hatten und die Leute dort Sport- oder Unterhaltungsprogramme ansehen konnten. Aber als jeder selbst sein Heimkino hatte, reduzierte sich die Zahl der Lokale, und 1963 schloß Siegfried Ehlers seine Gaststätte.

Gastwirtschaft Barsch

Bis 1983 gab es noch eine alte Dorfkneipe in der Maschstraße 35, wo vorwiegend der Mittelstand verkehrte. Der Wirt war Robert Barsch, der gerne mal mit seinen Gästen Skat spielte.

Bis in die 1930er Jahre war hier für die männlichen Mitglieder der jüdischen Schlachtersfamilie Blumenthal von gegenüber, ebenso sozialer Treffpunkt wie für den Rest der Einwohner des Dorfes. So schreibt Werner Blumenthal in seiner Familienchronik (2003), wo er von den Ferienbesuchen bei seinen Großeltern und deren erwachsenen Söhnen in Rössing berichtet. Diese Großeltern Moritz (1858 – 1930) und Sophie Blumenthal (1866 – 1930) sind die letzten, die auf dem jüdischen Friedhof noch friedlich beerdigt sind.

Zu Beginn der 1970er Jahre übernahm Familie Beelte für einige Jahre die Gaststätte Barsch, bis sie sich 1974 mit einem neuen Restaurant und Kegelbahn in der Straße „Zum Klay“ selbstständig machte. Danach wechselten die Pächter kurzzeitig, einer davon hieß Meyer, ein anderer war Jochen Hacke, ein junger Mann. Es kann sein, daß es noch ein anderer Pächter versuchte, oder daß die Räume zwischenzeitlich als Wohnräume genutzt wurden. Jedenfalls eröffnete Dr. med. Uwe Gronau, Facharzt für Allgemeinmedizin, nach einem großen Umbau am 1. Juli 1983 in den Räumen der ehemaligen Gaststätte Barsch seine Praxis. Dort hatte sie bis 1992 ihr Domizil, bis Dr. Gronau sie in sein neu erbautes Haus in der Clausstraße Nr. 2 verlegte.

Doch mit des Geschickes Mächten…

Ecke Kirch- und Maschstraße (heute Konstantki) existierte nach dem Kriege eine Kneipe, die Stefan Sambolski und danach Christel Moses mit ihrem Mann bewirtschafteten. Aber wie lange sie dort schon bestand, als Ruth und Kurt Gebhardt sie im Jahre 1968 pachteten, war nicht zu ermitteln. Im Herbst 1971 brannte das Lokal ab, ein Schwelbrand hatte ein Feuer entfacht und vernichtete die Gaststätte.

Das Ehepaar Gebhardt baute daraufhin in seinem Wohnhaus Maschstraße 21 die unteren Räume zu einer Gastwirtschaft um und eröffnete sie im Sommer 1972. Nach 11 Jahren verpachteten sie diese an einen Herrn Jennett, der aber schon drei Jahre später verstarb. Von 1983 bis 1986 übernahm sie Herr Prambucka als Pächter und von April bis Oktober 1987 führten Ruth Gebhardt und ihre Tochter Julia noch einmal Regie, aber dann schloß das Lokal seine Pforten. Die Räume wurden umgebaut und das Haus dient seitdem nur noch Wohnzwecken.

Die Danziger Stuben

Familie Beelte baute 1974 an der Straße „Zum Klay“ eine neue Gaststätte mit Kegelbahn und einem Saal. Viele Familienfeste, Vereinsversammlungen und -feiern und der obligatorische Trauerkaffee nach der Beerdigung fanden dort statt. Beeltes bauten Duschen für die Sportler des nahen Sportplatzes ein, die anschließend ihren Durst im Lokal löschten. Aber als die Sportler ein eigenes Sportheim bauten, wurden die Duschen nicht mehr gebraucht.

1989 wurde Frau Beelte sehr krank und mußte aufgeben. Beeltes verkauften alles an ihren Bierlieferanten Sauk in Harsum, und von diesem pachtete Familie Eberhard Asche-Jost aus Hannover die Gaststätte für fünf Jahre. Aber die Glanzzeit war vorüber. Das Dorfgemeinschaftshaus in der alten Schule zog viele Veranstaltungen an sich, die früher in der „Kneipe“ stattfanden. Die ständig verschärften Alkoholverbote taten das Ihre.

Doch dann kaufte Familie Ludwig die Gaststätte mit Wohnhaus und Kegelbahn und führte sie15 Jahre, vom Januar 1995 bis 2010. Herr Ludwig stammte aus Danzig und so nannten sie die Gaststätte in Erinnerung an ihre alte Heimat „Danziger Stuben.“ Das war eine gute Idee, so mancher Passant stutzte, hielt an, weil er an seine Heimat erinnert wurde und kehrte ein. Frau Jadwiga, Wirtin aus Passion, und eine gute Küche taten das Ihre, alles lief gut.

Vorher hatten Ludwigs eine Gaststätte in Himmelsthür betrieben- und das Leben eines Wirtes ist anstrengend. Aus gesundheitlichen Gründen schlossen sie den Betrieb zum 1. Januar 2010, obwohl Frau Jadwiga vielleicht ganz gerne noch ein bißchen weiter gemacht hätte, weil ihr der Beruf Spaß machte und sie gerne Menschen um sich hat.

Olav Büsing pachtete die Gaststätte und taufte die „Danziger Stuben“ um in „Olavs Büro“.

Aber das war nur eine Episode, er blieb nicht einmal zwei Jahre.

Am 1.12.2011 pachtete Heiko Hecht von „Alt Rössing“ die ehemaligen „Danziger Stuben“ von Familie Ludwig für größere Veranstaltungen und die Kegelrunden.

Die Turnhallen-Gaststätte „Zum Dorfbrunnen“

Als sich 1978 der Herzenswunsch der Turner erfüllte und die Turnhalle gebaut wurde, gehörte natürlich auch eine Vereinsgaststätte dazu.

Die erste Pächterin war Annie Biermann mit ihrem Mann Wilhelm. Nachdem Rodewald geschlossen hatte, übernahmen sie vom 1.1.1978 bis 1.3.1980 die Gastronomie.

Danach folgte Gisela Gebhardt bis 1985 und dann Ehepaar Hannke bis zum Februar 1991.

Seitdem hat die Familie Tietke die Bewirtschaftung übernommen. Das Lokal hat inzwischen auch einen Namen bekommen. Da es auf dem Gelände eines alten Fischteiches steht, das

einen hohen Grundwasserstand hat, wurde ein schöner Brunnen angelegt und aus der „Turnhallen-Gaststätte“ wurde „Zum Dorfbrunnen.“

Im „Dorfbrunnen“ versorgt Familie Tietke die Rössinger nach ihrem Sport mit Speis und Trank. Auch der neugegründete Tennisverein, der direkt daneben liegt und 1989 seinen Spielbetrieb aufnahm, profitiert davon.

Nun hat die junge Generation die Arbeit übernommen und Kerstin Tietke führt seit März 2011 den Betrieb.

Das „Rössinger Bierstübchen“ und „Alt Rössing“

In der Friedrichstraße Nr. 8 war viele Jahrzehnte die Schlachterei Küke ein Begriff.

Als 1982 der Junior Werner Küke den Betrieb übernahm, gehörten auch schon andere Lebensmittel als Fleischwaren zum Sortiment. Aber das Aufkommen der Supermärkte schreckte ab. Die jungen Leute entschlossen sich zu einem radikalen Umdenken und bauten die Räumlichkeiten zum „Rössinger Bierstübchen“ um.

1987 wurde Annie Biermann die erste Pächterin, vielen noch aus ihrer Zeit in der Rodewaldschen und der Turnhallen-Gaststätte bekannt. Sie hielt 11 Jahre durch, bis zum 31.12.1998.

Danach kam Gisela Gebhardt für sechs Jahre. Markus Roland, ihr Nachfolger, verpaßte dem „Bierstübchen“ einen neuen Namen, er nannte es „Alt Rössing“. Aber trotzdem faßte er nicht richtig Fuß.

Nach vier Jahren, am 18.Februar 2008, übernahm Heiko Hecht „Alt Rössing“.

Er hat allerlei neuen Ideen wie den „musikalischen Früh- und Dämmerschoppen“ oder andere „Events“ und pachtete am 1.12.2011 die verwaisten Danziger Stuben mit Saal und Kegelbahn dazu, um auch größere Veranstaltungen durchführen zu können

Nun ist es wieder wie früher in Rössing, es hat nur zwei Dorfkrüge, den „Dorfbrunnen“ und „Alt Rössing“, und die werden uns hoffentlich erhalten bleiben.

Quellen: Helfrich Bernhard Wenck, Hessische Landesgeschichte Bd.2, UB, Heberolle u. Gefälle des

Klosters Helmarshausen, Frankf.Leipzig 1789

NHSA Hann.74 Cal Nr. 291, 294, 730, 731, 739, 1120.