Heimatpflege Rössing

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(Gerhard Fuest)

Zur Geschichte der Glocken Inschriftenkommision

Zur Geschichte der Rössinger Glocken

von Helga Fredebold

Vorwort

Als im Jahre 2008 eine alte Glocke im Rössinger Kirchturm von einem Glockensachverständigen stillgelegt wurde weil sie nicht mehr betriebssicher war, nahm ein Projekt seinen Anfang, das über vier Jahre viel Einsatz, Erfindungsgabe, technisches Können und nicht zuletzt viel Geld und Opferbereitschaft von den Rössingern und den aktiv Beteiligten erforderte. An dieser Stelle sei allen dafür herzlich gedankt. Herr Friedrich Kämpfer als Kirchenvorstandsmitglied war Koordinator und Organisator des ganzen Unternehmens und seiner Begeisterung für die Glocken und seinem unermüdlichen Einsatz ist es zu danken, dass unsere alte Glocke wieder an ihrem angestammten Platz im Kirchturm hängt.

Eine mittelalterliche Glocke sollte restauriert werden. Dadurch wurden unsere Glocken ins Blickfeld der Bevölkerung gerückt und es lag nahe, sich auch einmal mit der Geschichte des ganzen Geläuts zu befassen. Einiges aus der Vergangenheit war zwar bekannt, aber in Vergessenheit geraten. Doch auch überraschende Neuigkeiten traten zu Tage. Die Inschriften, so weit vorhanden, erzählen historische Begebenheiten.

Einige der alten Glocken waren verschollen, sie geisterten aber immer noch durch die Fachliteratur, man wußte nicht, wo sie geblieben waren. Im Zuge der Nachforschungen über unsere Glocken ist es gelungen, das Rätsel zu lösen. Es war leider kein erfreuliches Ergebnis. Aber lesen Sie selbst.

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Zwei vermisste Glocken

Das Geläut der Rössinger Kirchenglocken bestand bis zum Jahre 1890 aus zwei Glocken, von denen eine aus dem Jahre 1429 stammte. Die zweite stammte aus dem Jahr 1625 und war von Friedrich von Rössing gestiftet. Die jüngere Glocke bekam im Jahre 1890 bei einem Sonnabendabend – Läuten einen Sprung und war nicht zu reparieren. Da auch die andere, ältere Glocke nicht einwandfrei war und die Aufhängung und Lagerung beider Glocken schadhaft, zog man den Glockengießer Radler aus Hildesheim zu Rate. Dieser riet dazu, die beiden Glocken einzuschmelzen und daraus drei neue Glocken zu gießen, die auf einander abgestimmt und ein harmonisches Geläut ergeben würden.(1)

Der Kirchenvorstand entschloß sich zu diesem Schritt. Die beiden Glocken wurden1891nach Hildesheim transportiert und eingeschmolzen. Sicher haben finanzielle Überlegungen dazu geführt, denn der Materialwert der beiden eingeschmolzenen Glocken deckte den größten Teil der für das neue dreistimmige Geläut benötigten Bronze. (2)

Aber das war ein verhängnisvoller Fehler, denn die Glocke aus dem Jahr 1429 war eine unersetzliche Kostbarkeit, deren Wert weniger auf dem materiellen als auf ihrem historischen Wert beruhte.

Diese Glocke wurde beschrieben in dem Buch von Mithoff(1871): Kunstdenkmale des Fürstenthums Calenberg, Seite 160. Obwohl sie schon 1891 eingeschmolzen war, geisterte sie immer noch durch die Fachliteratur der Glockensachverständigen, und man wußte nichts über ihren Verbleib.

Als Glockenzier trug sie vier kleinere Figuren, darunter eine Pieta und zwei mit Gießerzeichen oder Hausmarken ausgefüllte Wappenschilde.

Eine umlaufende Inschrift trug die Jahreszahl 1429 in lateinischen Ziffern, nämlich

m . cccc . xxix

und dazu in gotischen Minuskeln folgende Inschrift::

im 1429 jar . in . den . achte . daghen . petri . et . pauli . dysser . kerken . patronen

Diese Inschrift besagt, dass die Glocke gegossen wurde in den acht Tagen (in der Octav), vor oder nach dem 29. Juni 1429, dem Fest der Kirchenheiligen St. Peter und Paul, den Patronen dieser Kirche. Das Gußdatum orientiert sich am Patrozinium unserer Kirche, dem 29. Juni des Jahres 1429, unserem Kirchweihtag.

Es ist ein großer Verlust für unsere Gemeinde, dass diese Glocke 1891 zerstört wurde, nachdem sie über 450 Jahre die Gläubigen begleitet hat. Es liegt die Vermutung nahe, dass zu diesem Zeitpunkt, als die Glocke gegossen wurde, unsere Kirche an diesem 29. Juni des Jahres 1429 den Kirchenheiligen Peter und Paul geweiht wurde und ihren Namen erhalten hat. Welch ein denkwürdiges Datum.

Auch von der zweiten Glocke, gegossen 1625, die in Hannover von dem Glockengießer Joachim Schrader stammte, wußte man nicht, wo sie geblieben war.

Frau Dr. Christine Wulff, die Vorsitzende der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, erkundigte sich anlässlich einer Heimatpflegertagung in Alfeld im November des Jahres 2012 nach dem Verbleib der mittelalterlichen Glocke von 1429 in Rössing. Darauf konnte ich ihr keine Antwort geben. Aber kurz darauf fand ich im Pfarrrarchiv schriftliche Unterlagen über das Ende der beiden vermissten Glocken und schickte ihr Kopien der entsprechenden Schriftstücke aus dem Pfarrarchiv (4). Sie hatte nun Gewissheit über deren Schicksal und konnte dies Kapitel abschliessen. Sie sandte mir die Beschreibung der Glocke mit der Inschrift.(3) Das Ende dieser beiden alten Glocken ist nun geklärt, sie wurden 1891 eingeschmolzen, es gibt sie nicht mehr.

Das dreistimmige Geläut von 1891

Am 22. Juli 1891 trafen drei neue Glocken unterschiedlicher Größe in Rössing ein. Sie wurden in einem großen, neuen eisernen Glockenstuhl aufgehängt und am 28. Juli feierlich eingeweiht. Das Geläut bestand aus einer Legierung von 25 % Kupfer und 25 % Zinn und hatte einen wunderschönen, harmonischen Klang.

Aber schon 25 Jahre später, im ersten Weltkrieg 1914-18, war das Geläut vom Einschmelzen für Kriegszwecke bedroht, denn Bronze war eine kriegswichtige Metalllegierung. Doch wegen seines besonderen melodischen Wohlklanges wurde es auf Intervention des Superintendenten von der Beschlagnahme verschont.(4)

Die Aufforderung zur Ablieferung der Glocken im ersten Weltkrieg erfolgte auf eine bemerkenswert brutale Art und Weise. Man sollte die Glocken schon im Turm zerschlagen, weil sie sich besser abtransportieren ließen, der Transport sei auf diese Weise billiger und sie würden ja sowie zerstört, aber es sei darauf zu achten, dass alle Bruchstücke vollständig abzuliefern seien. Wenn man das nicht wolle, könnte man sie von oben auf Reisighaufen hinunter werfen, dann blieben sie vielleicht heil. (4)

Der Zweite Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurden unsere Kirchenglocken am 4. April 1940 erfasst und registriert. In dem entsprechenden Schriftstück wurde extra darauf hingewiesen, daß das Werfen vom Turm auf jeden Fall zu vermeiden sei, damit die Gefühle der Menschen nicht verletzt würden. Außerdem dürfte jede Gemeinde eine Glocke behalten, allerdings nur die kleinste. Dieser Vorgang zeigt einmal wieder überraschend deutlich, wie geschickt und wenn nötig auch subtil, Hitler die Menschen zu manipulieren verstand.(4)

In Hildesheim wurden die Glocken aus dem Dom, der Andreas-, der Jacobi-, der Bernward-, der Elisabeth- und der Godehardikirche bis auf jeweils die kleinste, abgenommen und für Kriegsbedarf beschlagnahmt.(5)

Diesmal nützte den Rössingern ein Gesuch um Verschonung von der Beschlagnahme nichts. Auch sie mußten ihre beiden größten Glocken abliefern. Als sie Im Februar 1942 abmontiert waren, stellten sich die Schulkinder zu einem Erinnerungsfoto auf, wie in unserm Bildband von 1987: Rössing, unser Dorf im Wandel auf Seite 68 zu sehen ist.(6)

Der damalige Pastor Hahne hat vor der Ablieferung 1942 die Schmuckelemente und Inschriften der Glocken genau beschrieben und wann sie jeweils geläutet wurden.(4)

Die Radler-Glocke von 1891

Die kleinste der drei Radler-Glocken blieb uns erhalten. Diese Tatsache war aber im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Als Herr Friedrich Kämpfer, Koordinator für das Glockenprojekt, 2008 mit seiner Aktion begann, denn eine kleinere, sehr alte Glocke sollte restauriert werden, stellte er schon bei der ersten Besichtigung der Glocken im Turm fest, daß eine, heute unsere größte Glocke, auf dem äußeren Kranz die Inschrift: FREIHERR VON RÖSSING trug. Dieser war Kirchenpatron gewesen und hatte 1891 zur Schaffung des Dreiergeläuts 500 Mark gestiftet.(2)

Die vollständige Inschrift im oberen Textfeld lautet:

GOTTES WORT UND LUTHER LEHR

VERGEHEN NUN UND NIMMERMEHR

Auf dem unteren Feld, dem Schlagkranz steht:

ALEXANDER FREIHERR VON ROESSING; KIRCHPATRON

GEGOSSEN VON J:J:RADLER U: SOEHNE IN HILDESHEIM 1891

Auf dem langen Feld, über dem Namen des Patrons, ist eine siebenzackige Krone zu sehen und darunter das Wappen der Herren von Rössing mit dem gekrönten, aufrecht schreitenden, doppelschwänzigen Löwen, der sichere Beweis dafür, dass dies wirklich die alte Glocke von 1891 ist. Sie ist heute mit 350 kg unsere größte Glocke und schlägt u.a. den Stundenschlag.

Die zweite Radler – Glocke

Nach dem Krieg 1945 hatten wir nur noch eine Glocke, die kleinste des Dreiergeläuts. 1968 gelang es Pastor Ujma, eine weitere Radler-Glocke aus alten Beständen zu erwerben. Sie stammt aus Eddigehausen, Kirchenkreis Reyershausen bei Göttingen. Die Radler-Glocken haben alle einen ähnlichen, vollen Klang und klingen harmonischer zusammen als Glocken unterschiedlicher Herkunft, weil sie die gleiche Zusammensetzung haben. So war es ein Glückszufall, daß unsere Gemeinde für 1.800 DM eine passende Glocke kaufen konnte. Sie stammt nicht nur aus derselben Glockengießerei wie die vorhandene von 1891, sondern auch etwa aus derselben Zeit, aus dem Jahr 1898, und trägt ebenfalls Inschriften.

Im oberen Textfeld steht

DIENET DEM HERRN MIT FREUDEN;

KOMMT VOR SEIN ANGESICHT MIT FROHLOCKEN

Auf dem breiten unteren Glockenrand, dem Tragring steht:

GEGOSSEN VON J:J:RADLER U: SOEHNE IN HILDESHEIM 1898

Inschrift auf dem Schlagring:

PASTOR LIC. THEOL: FR:W: CUNO.

LEHRER: O. STEINEBACH

GEM.-VORST: W. VOLLBRECHT.

KIRCHENÄLTESTE W. AUE, A. KURRE, L. SCHNELLE

Die Aufzählung der Honoratioren besagt nicht, dass diese die Glocke gestiftet haben, sondern ihre Namen stehen stellvertretend für die ganze Gemeinde, die das Geld dafür aufgebracht hat. (7)

Der Pastor Fr. W. Cuno war von 1887 bis 1904 Pfarrrer in Eddigehausen bei Göttingen, das zum Kirchenkreis Reyershausen gehört, und während seiner Amtszeit wurde die Glocke angeschafft. Die dortige Kirchengemeinde wollte sich aber 1968 ein zweistimmiges Geläut zulegen und so kam Rössing zu dem günstigen Kauf. Dazu kamen natürlich noch weitere Kosten für Transport und Aufhängung, Armatur u.s.w. Damals war das Glockenläuten aber schon auf elektrische Läutemaschinen umgestellt.

Diese Glocke läutet als Totenglocke. Mit 250 kg ist sie die leichteste der drei Glocken, die wir heute besitzen. Die 2012 restaurierte mittelalterliche Glocke hat 300 kg, die Glocke aus dem Dreiergeläut von 1891 wiegt 350 kg.

Die „mittelalterliche Glocke“

Schon bevor Pastor Uijma 1968 die Radler-Glocke aus Eddigehausen 1968 kaufen konnte, war es s Herrn Pastor Bernd Moderegger 1950 gelungen, eine zweite Glocke zu unserer einzig verbliebenen Radler-Glocke von 1891 dazu zu erwerben. Dabei handelte es um eine Glocke, die nach Meinung der Glockensachverständigen um 1350 gegossen worden ist. Sie war stark beschädigt, aber sie ist definitiv eine mittelalterliche Glocke und hat einen hohen Denkmalswert, deswegen wurde sie jetzt so aufwendig restauriert.

Sie stammte aus alten Beständen, aber man wusste nicht, wo sie früher gehangen hatte. Doch das konnte jetzt aufgeklärt werden, mit einem überraschenden Ergebnis. Diese Glocke stammte nämlich aus Rössing, denn sie ist unsere alte Uhrschlag-Glocke.

Sie trägt keine Inschrift, die uns Auskunft gibt, wo sie gegossen wurde. Auf der Mitte des langen Feldes ist nur ein grafisches Zeichen zu erkennen, ähnlich wie die Steinmetzzeichen der mittelalterlichen Bauhütten. Sicherlich war es früher ein Hinweis auf den Glockengießer, leider ist uns die Deutung dieser Zeichen nicht überliefert. Sie ist mit 300 kg leichter als die Rös- singer Radler-Glocke von 1891 mit 350 kg. Deshalb war sie für die Menschen hier immer die „Kleine Glocke“ und sie lag als mittelalterliche Glocke allen besonders am Herzen.

Wenn sie um 1350 gegossen wurde, dann ist sie über 650 Jahre alt und mit großer Wahrscheinlichkeit ist diese Glocke ebenso lange hier in Rössing und mit unserer Kirche verbunden, denn Ihre Spur ist lange zurück zu verfolgen.

Fest gemauert in der Erden

Früher war die Glockengießerei ein Wandergewerbe. Die Glocken wurden in der Regel an Ort und Stelle gegossen, weil man gar nicht die Möglichkeit hatte, eine schwere Glocke über weite Strecken zu transportieren.

Schiller beschreibt so einen Glockenguss sehr anschaulich in seinem „Lied von der Glocke“: Festgemauert in der Erden, steht die Form aus Lehm gebrannt

Und so drängt sich der Gedanke auf, dass diese Glocke von Anbeginn zu unserer Kirche gehört hat.

Im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts, zwischen 1290 und 1300 ist unsere Kirche nach Überlieferung gestiftet worden. War es eine hölzerne Kapelle? Gehörte schon ein Turm dazu? Wir wissen es nicht. Der Kirchturm, mit Sicherheit niedriger als heute, könnte um 1350 entstanden sein und wahrscheinlich ist diese alte Glocke schon ebenso lange bei uns und hier an Ort und Stelle gegossen.

In den Pfarrakten(4), so weit ich sie durchstudieren konnte, wird diese Glocke immer nur ganz kurz erwähnt. Sie war eine Uhrschlag-Glocke und zeigte die Zeit an, die einzige Zeitangabe, die die Leute früher auf dem Lande hatten. Sie ist eine Schlag – Glocke, das heißt, sie war fest montiert, sie wurde nicht mit einem Klöppel geläutet, sondern von außen angeschlagen.

Ein unscheinbares Dasein

In einem Auszug aus dem leider undatierten von Rössingschen Hauptbuche wird über die Kirche und ihre Glocken berichtet. Der Eintrag muß nach 1755 und vor 1830 entstanden sein. Die beiden Vorgängerglocken des Dreifach-Geläuts von 1891 werden ausführlich beschrieben. Sie wogen beim Einschmelzen 1891 zusammen 36 Zentner = 1.800 kg. (4) und waren durch ihre Jahreszahlen 1429 und 1625 genau zu identifizieren.

Von einer dritten Glocke ist an dieser Stelle nicht die Rede.

Aber eine dritte Glocke, eine kleinere. leichtere, nämlich eine Uhr-Schlag-Glocke muss vorhanden gewesen sein, denn an anderer Stelle heißt es von ihr:

Die kleinste Glocke ist geborsten und stehet noch im Thurm; die Schlage-Uhr und Glocke, woher selbige ihren Uhrsprung hat, ist ungewiß.

Im Pfarrarchiv erfahren wir immer nur bruchstückhafte Einzelheiten über diese UhrschlagGlocke, aber viele Hinweise, dass sie existierte. Anno 17 ? (die beiden letzten Ziffern fehlen bei der Jahreszahl), wurde diese Schlage-Uhr auf Kosten der Kirche repariert. (4)

Wir wissen nicht, wo sie hing, wo war ihre Uhrkammer? Sie war mit 300 kg kleiner und leichter als die beiden andern, wie wir heute wissen. 1786 ging es um die Kosten für Glocken- und Uhrschmier, die von der Kirche getragen wurden. Die „Turm – Uhr“, also ein Uhrwerk, war im Jahre 1853 von der Kirchengemeinde angeschafft worden. Im Jahr 1860 mußte eine umfangreiche Turmreparatur durchgeführt werden und der Turm wurde nicht mehr mit Ziegeln sondern mit Goslarschem Schiefer gedeckt, doch die Glocken wurden mit keinem Wort erwähnt. 1875 mussten die Schalllöcher repariert werden, sie sollten mit einem Bleidach verbessert werden, und das obere Fach der Fenster der Uhrkammer hatte eine Reparatur nötig, wieder ein Hinweis auf die Uhrschlag-Glocke.

Als 1891 die neuen Glocken montiert wurden, will man auch ein Zifferblatt am Turm anbringen. Aber für die vorhandene alte Schlage-Uhr müßte das Zeigerwerk umgearbeitet werden, so läßt man den Plan aus Kostengründen fallen. Immer wieder finden sich Hinweise auf die kleine alte Uhrschlag–Glocke.(4)

Unsere Glocke hat Glück

Als im Ersten Weltkrieg die Glocken zuerst gemeldet und dann abgeliefert werden mussten, wurde im Juni 1917 moniert, dass die Kirchengemeinden nicht alle Glocken, vor allem die Uhrschlag-Glocken nicht gemeldet und abgeliefert, sondern als Andenken zurückbehaltenhätten. Aktenvermerke darüber wurden von den Behörden vermisst und waren nicht aufzufinden, und irgendwie ist unsere kleine alte Glocke auf diese Weise auch der Beschlagnahme 1917 entgangen, wie aus den Akten hervorgeht.

Im Zweiten Weltkrieg wiederholte sich dies Spiel. Zuerst wurden nur die drei großen Glocken gemeldet und zwei davon beschlagnahmt. Eine Nachmeldung der Uhrschlagglocke wurde angefordert und in sehr ungenauer Form nachgeholt. Ihr Gewicht wurde nur mit 65 kg angegeben. Das war viel zu wenig, denn sie wog 300 kg. Man hoffte wohl, auf Grund des geringen Gewichtes der Beschlagnahme zu entgehen. Aber diesmal kam unsere kleine alte Glocke nicht davon. Sie erhielt die Kennziffer

5/20/76,

wurde beschlagnahmt und eingezogen. Im Harburger Hüttenwerk erlebte sie das Kriegsende 1945. Doch sie hatte Glück, der Krieg war zu Ende, bevor sie eingeschmolzen wurde.

Eine „kleine Glocke“ kehrt heim

Schon 1946 nahm der „Auschuss für die Rückführung der deutschen Kirchenglocken“ seine Arbeit auf und führte die Identifizierung der Glocken, die dem Einschmelzen entgangen waren und ihre Rückführung in die alten Kirchengemeinden durch. An Hand der Kennziffer, die sie bei der Ablieferung erhalten hatte, wurde unsere Glocke in Harburg, auf dem „Glockenfriedhof“ identifiziert, und so kehrte unsere kleine mittelalterliche Glocke 1948 nach Rössing zurück, wo sie schon viele hundert Jahre ihren Dienst als Uhr-schlag – Glocke versehen hatte.

Die Restaurierung

Zuerst wurde die heimgekehrte Glocke mit einer Aufhängevorrichtung versehen und von 1950 bis 2008 hing sie wieder bei uns im Turm, aber 2008 musste sie aus Sicherheitsgründen stillgelegt werden.

Noch in demselben Jahr gingen erste Spenden für ihre Restaurierung ein und Herr Kämpfer ging ans Werk.

Am 20.Okt. 2011 wurden in einer Kirchenvorstandssitzung der Planungsentwurf und die Finanzierung verabschiedet.

Der Ausbau der Glocke erfolgte durch das Technische Hilfswerk am 26. November 2011.

Am 29. November 2011 wurde sie im Gottesdienst verabschiedet, und dann ging unsere Glocke auf Reisen.

Zuerst nach Nördlingen. Die Kronenbügel für die Aufhängung waren abgebrochen und mittels der Fragmente wurde von der Firma Lachenmeyer in Nördlingen eine neue Krone gegossen und in die alte Glocke eingeschweißt.

Nach Fertigstellung der Glocke in Nördlingen am 11. April, erfolgte ihr Transport nach Herford am 16. April 2012. In den Herforder Elektro-Motorenwerken wurde sie vermessen und gewogen und das Holzjoch für die Glocken und die Aufhängung, sowie die Armatur hergestellt. Sie hatte einen neuen Klöppel bekommen und ging dann auf die Heimreise. Insgesamt hatte sie 1.400 km zurückgelegt, als die am 20. April 2012 wieder in Rössing eintraf.

Am 28. Juli wurde die Glocke auf den Turm gehievt und der Einbau und das Einläuten erfolgten am 30. Juli 2012. Am Erntedanktag im Oktober wurde sie offiziell der Gemeinde wieder übergeben. (8)

Mit dem zweiten mittelalterlichen, restaurierten Glockenschatz werden die Rössinger in Zukunft sicher behutsamer umgehen und ihn nicht einschmelzen wie es im Jahr 1891 mit der wertvollen historischen Glocke geschehen ist, die 1429 gegossen wurde und die Namen unserer Kirchenheiligen St. Peter und Paul trug.

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Quellen

1 Unbekanntes entdecken, Kirchen in der Gemeinde Schellerten, 2010, ISBN 978-3-938385-38-8 von Heike Klapprott, Annegret von Loeben, Gerda Mayer, Hans-Georg Schrader, S. 56

2 Aus der Geschichte von Rössing, von Malermeister Hermann Kasten 1983, S. 68

3 Mithoff(1871): Kunstdenkmale im Fürstenthum Calenberg S. 160, Nachricht v. Dr. Christine Wulff,

Vorsitzende der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, 4. Dez. 2012

4 Pfarrarchiv Rössing, Sign. Rep 18 A 500 – 512 und Rep 19 A 5130151304

5 Der Raum Hildesheim im Luftkrieg 1939-1945, Zielpunkt 52092 N / 9571 O von Hermann Meyer-Hartmann, Schriftenreihe des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek Hildesheim, Bd. 14 S.27

6 Rössing – unser Dorf im Wandel, Bildband, S. 68, 1987 ISBN 3-89264-103-X

Hrsg. Verein Dorfpflege Rössing

7 Philipp Meyer, Die Pastoren der Landeskirche Hannover seit der Reformation

Pfarrarchiv Rösssing , Sign. Rep 19. A 513 o1 – 513o4

8 Arbeitsunterlagen des Projektes von Friedrich Kämpfer, Rössing, KV-Miglied

Nachtrag

Quelle: Pfarrarchiv Rössing, Sign Rep 19 A 51301 – 51304

Ergänzende Nachrichten über Glocken aus den verlorenen Ostgebieten

Am 27. Dezember 1950 stellte der damalige Rössinger Pastor Moderegger an das Landeskirchenamt in Hannover einen Antrag auf leihweise Überlassung einer Bronzeglocke. Solche lagerten noch auf dem „Glockenfriedhof“ in Harburg und stammten aus den verlorenen Ostgebieten jenseits der Oder-Neisse-Linie. Er selber hatte dort seine Heimat verloren und es wäre eine große Freude für die zahlreichen Ostvertriebenen, die die Hälfte der Bevölkerung Rössings und bei weitem den größten Teil der Kirchenbesucher stellten, wenn sie von einer Glocke aus ihrer Heimat ins Gotteshaus gerufen würden. Dies Ersuchen wurde aber abgelehnt.

Kirchenglocken aus Wolhynien

1942 wird darauf hingewiesen, dass die Glocken der Wolhyniendeutschen, die 1939 als Folge des Nichtangriffspaktes von Hitler mit der Sowjetunion aus Russland nach Deutschland umgesiedelt wurden, ihre mitgebrachten Glocken behalten dürften, dass sie nicht für Kriegszwecke beschlagnahmt werden sollten, ein eindrucksvolles Beispiel für den hohen Sinngehalt von Kirchenglocken, sogar im Dritten Reich.

Abschiedsfeier für die Glocken der Kirchengemeinde Rössing am 8. März 1942 .

Der damalige Pastor Hahne hat vor der Ablieferung die Schmuckelemente und Inschriften der Glocken beschrieben und uns genau überliefert, wann sie jeweils geläutet wurden.

Die große Glocke:

Oberer Schmuckrand: Eichenlaub

Auf dem langen Felde: Der segnende Christus mit ausgebreiteten Armen.

Auf der Gegenseite: Der aufrecht stehende Luther mit der Bibel in der Hand.

Inschrift: EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE – FRIEDE SEI MIT EUCH

Am unteren Rande:GEGOSSEN VON J.J.RADLER UND SÖHNE IN HILDESHEIM 1891

PASTOR WOLFF, K..KOENNEKE, H.MARTENS,H.BAUMGARTEN. K.TIEMANN U.. G.HOFFMANN

Gewicht: 1079,5 kg = 21 Zntr, 59 Pfd. Durchmesser unterer Glockenrand 128 cm, Ton D

Die mittlere Glocke

Oberer Schmuckrand: Weinlaubranken

Auf dem langen Felde: Ein Kreuz mit der Inschrift I.N.R.I. Auf der Gegenseite: Ein Abendmahlskelch.

Inschrift: KOMMET, DENN IST ALLES BEREIT! WACHET UND BETET!

Am unteren Rande: GEGOSSEN VON J.J.RADLER und SÖHNE, HILDESHEIM 1891

ORTSVORSTEHER H.PLÖTZE, LEHRER K.TÖNNIES, H.ROHNE, K.ROKAHR

Gewicht: 648 kg = 12 Zntr. 96 Pfd. Durchmesser unterer Glockenrand: 127 cm, Ton F

Die kleine Glocke

Oberer Schmuckrand:Blumenranken

Auf dem langen Feld: Das Wappen der Herren von Rössing

Der springende Löwe, darüber die siebenzackige Krone

Inschrift: GOTTES WORT UND LUTHERS LEHR

VERGEHEN NUN UND NIMMERMEHR

Am unteren Rande: GEGOSSEN VON J.J.RADLER UND SÖHNE HILDESHEIM 1891

ALEXANDER FRH. VON RÖSSING, KICHENPATRON

Gewicht: 317 kg = 6 Zntr., 34 Pfd, Durchmesser unterer Glockenrand 86 cm, Ton A

Verwendung der Glocken:

Alle drei Glocken zusammen:

Beim Einläuten der hohen kirchlichen Festtage und an diesen selbst.

An hohen politischen und vaterländischen Festtagen und Siegesfeiern.

Die große Glocke allein:

Bei dem Brautschauer von 1-2 Uhr vor der Trauung,

beim Betglockenschlag

als Sturm- und Feuerglocke, schnell und pausenlos angeschlagen

Die mittlere Glocke allein

Als Abendmahlsglocke freitags zu den Abendmahlsfeiern

Die mittlere und die kleine Glocke zusammen:

Am Sonnabendabend zur Anmeldung des Sonntags,

Sonntags früh zum Einläuten des Sonntags, in Friedenszeiten im Sommer um

6 Uhr, im Winter um 8 Uhr,

zum Ausläuten und zu den Beerdigungen von Kindern

Die kleine Glocke allein, als Feuerglocke geläutet

Mühlengeschichte in Rössing

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Mühlengeschichte aus Rössing und Calenberg

von Helga Fredebold

Wo der Rössingbach am Schloß vorbeifließt, an der romantischsten Stelle des Dorfes, steht die ehemalige Wassermühle der Freiherren von Rössing. Diese Ecke hieß bei den Rössingern allgemein der Malerwinkel. Leider sind die Bilder, die hier entstanden sind, wohl alle in Privathand und der Allgemeinheit nicht bekannt.

Bis zum Jahre 1911 klapperte hier wirklich noch die Mühle am rauschenden Bach, wie es in dem alten Volkslied heißt. Bis dahin wurden, wie in alten Zeiten, die Mühlsteine von einem Wasserrad getrieben. Dann folgte das Maschinenzeitalter und seit dem 1. Juli 1966 wird dort kein Mehl mehr gemahlen. Wenige Jahre wurde sie noch als Schrotmühle betrieben und dann ganz stillgelegt.

Wasser- und Mühlenrechte

Mühlen- und Wasserrechte, jegliche Nutzung von Naturkräften, hatten die Territorialfürsten und die Bischöfe schon immer an sich gezogen, die damit adelige Geschlechter oder verdiente Gefolgsleute belehnten. So waren sicher auch die Mühlen- und Wasserrechte der Herren von Rössing Teil der ihrer Güterbelehnung im Mittelalter, denn sie gehörten von jeher zu ihren Privilegien. Selten betrieben die Belehnten die Mühlen selbst, sondern verpachteten sie langfristig an Müllerfamilien.

Voraussetzung für das Betreiben der Mühle war das Anstauen des Rössingbaches. Und das geschah vermutlich schon vor, oder spätestens beim Bau der ersten Burg- anlage oder eines sogenannten festen Hauses im Jahre 1342. Der aufgestaute Rös-singbach, der Teich und ein Grabensystem mit einer Wasserkunst speisen auch heute noch den Schloßgraben des Herrenhauses.

Und ebenso lange haben die Rössinger nach Überlieferung schon ihr Getreide auf der Herrschaftsmühle gemahlen.

Kleiner Wasserlauf

Der Rössingbach ist nur ein kleines Flüßchen, er kommt aus dem Hildesheimer Wald, aus der Nähe von Sorsum und wurde früher Dude genannt. Auf der Flurnamenkarte von Alt-Calenberg, die das Landschaftsbild um 1700 zeigt, wird er allerdings in seinem unteren Teil, bevor er in einen alten Leinearm floß, als Rössinger Mühlenbache bezeichnet.

Sein geringes Gefälle forderte ein unterschlächtiges Wasserrad, das heißt, wenn das Schütt gezogen wurde, traf das unten austretende Wasser auf den unteren Teil des Laufrades und setzte es in Bewegung. Wenn der Unterschied zwischen Ober- und Unterwasser größer war, wurden oberschlächtige Wasserräder verwendet. Dabei traf das Wasser von oben in die Schaufelräder und die Energieausnutzung war wesentlich höher, wie zum Beispiel bei der großen Calenberger Leinemühle.

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Rössing wird welfisch

Nach der Hildesheimer Stiftsfehde 1523 wurde das Bistum Hildesheim zerschlagen und das Dorf Rössing und das Adelige Gut gehörten nun nicht mehr zum Stift Hildesheim, sondern wurden dem welfischen Amt Calenberg zugeordnet. Außerdem erwarb der Welfenherzog Erich der Ältere 1538 vom Kloster Helmarshausen die Pfandschaft über das halbe Dorf Rössing, Amt- Calenbergischen Teils, während das andere halbe Dorf nach wie vor der Patrimonialgerichtsbarkeit der Herren von Rös sing unterstand.

Konkurrenz in der Nachbarschaft

Das friedliche Mühlengehen der Rössinger nahm ein Ende, als 1586 dicht bei der Feste Calenberg die große Leinemühle erbaut wurde.

Die Amtmänner auf dem Calenberg wollten nun ihre Amtsuntertanen in Rössing unter Androhung von hohen Strafen, wie Verlust ihres gesamten Viehs, dem Mahl- zwang auf der Calenberger Leinemühle unterwerfen, während die Gutsleute des Adeligen Gerichts weiterhin auf ihrer alten Mühle mahlen lassen durften. Aber der weite Weg brachte viel Erschwernis für die Leute mit sich. Die Herren von Rössing klagten mehrmals beim Herzog und bekamen auch Recht. Sie wehrten sich, weil ihre eigene Mühle schon vor der großen Leinemühle bei Schulenburg bestanden hätte und durch Entzug der Mahlgäste ihrer Mühle Verluste drohten, das wollten sie verhindern.

Der Mühlenstreit

Das Amt Calenberg wurde angewiesen, den Rössingern ihre Mahlfreiheit zu lassen. Am 17. April 1651 wurden dem Amtmann Strickmann 30 Goldflorin Strafe angedroht, wenn er die Leute weiter bedrängte, zahlbar zur Hälfte an den Fiskus und zur Hälfte an den Kläger Ludolph von Rössing. Dessen Klagen beim fürstlichen Hofgericht hatten mehr Erfolg als die Beschwerden der Bauern, die dem Amtsgericht in Calenberg unterstanden.

Aber 75 Jahre später war es mit dem Frieden wieder vorbei. Wieder wurden vom Calenberger Licentschreiber Hamelmann in Rössing, unter Androhung von Strafen bei Nichtbefolgung, die Mahlzettel auf die Calenbergische Zwangsmühle ausgestellt

Aber auch 1726 wurde gerichtlich verfügt, den Rössingern Freiheit bei der Wahl der Mühle zu lassen.

Doch weiterhin standen die Rössinger Bauern unter dem Druck der Beamten auf dem Calenberg. Dazu mag beigetragen haben, daß die Herren von Rössing selbst sich zu dieser Zeit vorwiegend auf ihren Besitzungen im Halberstädtischen und im Osten des Stiftes Hildesheim aufgehalten haben und ihre Rechte vor Ort nicht mit dem nötigen Nachdruck durchsetzten.

1771 verpflichtete sich der Rössinger Mühlenpächter Matthaei, den Rössingbach flußabwärts bis zur Gemeindegrenze „im Holze“ räumen und begradigen zu lassen und ein steinern Gewölbe (Brücke) zum Lühn (Flurbezeichnung) zu bauen, was er auch tat. Aber dann errichtete der Amtmann Rumann ein Schütt auf Calenberger Gebiet, mit dem er den Rössingbach stauen konnte, und bei der nächsten Schneeschmelze standen die dortigen Rössinger Felder unter Wasser. Aber alle Eingaben nützten nichts. Da die Rössinger nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit protestiert hatten, wurde die Klage abgeschmettert.

Der Mühlenzwang der Calenberger Mühle

Eine Urkunde vom 6. September 1741 belegt, welche Ausdehnung dieses Zwangsgebiet hatte und mit welchen Befugnissen ein Amtsvogt ausgestattet war. Diese Urkunde wird unter der Nummer 407 im Archiv des Obergutes Lenthe aufbewahrt. Sie betrifft das Amt Calenberg, das von Lenthe im Norden, bis Holtensen im Süden, von Rössing im Osten bis Bantorf im Westen reichte. Auch Rössing ist hier unter den 44 Zwangsdörfern aufgeführt. Aber es waren auch Ausnahmen vom Mahlzwang möglich und Rössing gehörte offensichtlich zu diesen Ausnahmen, aber die Amtleute hielten sich nicht daran, sondern handelten in eigener Machtvollkommenheit, was die ständigen Differenzen zur Folge hatte.

Im Erbenzins vergeben

Die Rössinger Mühle war verpachtet oder im Erbenzins vergeben. Den Müllern ging es in der Regel recht gut. Sie lebten von der Metze, ihrem Anteil am gemahlenen Korn und waren ein geachteter und wohlhabender Berufsstand.

Bei der Allodifizierung der von Rössingschen Güter, das heißt bei der Umwandlung von Lehnsbesitz in erbliches Eigengut durch Ablösung des Zehnten und der bäuerlichen Hand- und Spanndienste Mitte des 19. Jahrhunderts, wurde die Mühle von der Familie von Rössing zurückgekauft. Es gehörten dazu ein Wohnhaus, eine Scheune, Back- und Waschhaus, Pferde-, Kuh- und Schweinestall und 26 Morgen Land. Die Mühle wurde aber weiterhin verpachtet. Von 1911 bis zum Ende 1966 war sie im Besitz mehrerer Generationen der Müllerfamilie Brünig.

Die Pacht wurde zum Teil noch in Naturalien entrichtet und es mußten Eier und unter anderem drei Schweine abgeliefert werden. Beim letzten Pächter waren es nur noch einige Gänse, alle übrige Pacht wurde in Geld entrichtet.

Beginn des Maschinenzeitalters

1911 wurde die Mühle mit Einführung der Elektrizität modernisiert. Statt des Mühlrades wurde eine Wasserturbine eingebaut und im Maschinenhaus eine Dampfmaschine, die später durch einen Dieselmotor ersetzt wurde. Gemahlen wurde mit Mühlsteinen und 1923 ereignete sich ein schrecklicher Unfall in der Mühle. Ein Lehrjunge hatte trotz Verbotes bei laufendem Getriebe gefegt. Seine Kleidung wurde von der Maschine erfaßt und der Junge vollständig zerrissen.

Erst 1938 wurden ein Walzenstuhl und ein Plansichter zur Klassifizierung der Mehltypen eingebaut. Gemahlen wurden Roggen- und Weizenmehl, sowie Futterschrot aus Gerste und Hafer. Während der Kriegs- und Nachkriegszeit wurden auch Haferflocken, Grieß und Graupen hergestellt, was zwar verboten, aber allgemein üblich war, um die Not zu lindern, denn die Menschen litten Hunger.

1947/48 wurden der Maschinenpark und das Mühlengebäude bachabwärts auf den heutigen Umfang vergrößert.

So lange, wie die Landwirtschaft noch mit Pferden und nicht mit Treckern betrieben

wurde, war am Rosenberg, dem heutigen Kurt-Schumacher-Platz, das Ufer des Rö

ssingbaches abgeflacht und der Mühlenkolk wurde als Pferdeschwemme genutzt.

Die Mühlenpächter hatten die Pflicht, das Schütt bei Regengüssen rechtzeitig zu regulieren. Als im Frühjahr 1947 nach dem strengen Winter das Tauwetter einsetzte, konnte das Schütt durch das Eis nicht mehr rechtzeitig hochgezogen werden. und das ganze Wohnhaus und die Mühle wurden unter Wasser gesetzt. Um solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, wurde im Garten bachaufwärts ein Damm errichtet.

Durch das reichhaltige Angebot an Lebensmitteln in den 1960er Jahren erfolgte eine Veränderung der Eßgewohnheiten. Brot bildete nicht mehr das Hauptnahrungsmittel für die Menschen und die kleineren Getreidemühlen hatten keine Überlebenschance. 1966 wurde die Mühle stillgelegt und nur noch kurze Zeit als Schrotmühle genutzt.

Das leere Gebäude wurde viele Jahre von der Tanzgruppe „Deutsche Jugend in Europa“ benutzt und in den 1990er Jahren für Wohnzwecke umgebaut.

Calenberg und die große Leine Mühle

Das erste Mal hören wir von einer Mühle auf dem Calenberg bei dem heutigen Ort Schulenburg an der Leine, als Conrad von Saldern am 24. November 1363 seinen Anteil an der Pfandschaft des Schlosses Calenberg mit Mühle, Zoll, Leuten, Gericht und Jagd an Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg verkauft.

Damals waren die 1290 erbaute Turmburg und der Pallas, in den alten Akten häufig als Schloss bezeichnet, noch nicht von dem großen Wall und Graben umgeben, von dem heute noch Reste vorhanden sind, und die heute als Alt-Calenberg bezeichnet werden. Diese entstanden erst zwischen 1504 und 1512/14, als Herzog Erich I von Calenberg Burg und Schloß zu einer wehrhaften Feste ausbaute. Dabei wurden große Anstrengungen unternommen, um die Mühle, die vor der Burg lag, in die Festungsanlage mit den Wällen zu integrieren, denn die Mühle war bei Belagerungen wichtig. Sie lag keinesfalls an der Stelle an der Leine, wo später die große Leinemühle erbaut wurde, deren Gebäude auf dem Merianstich von 1653 Schloß und Ampt Calenberg an der Leina im rechten Bildviertel deutlich zu erkennen sind.

Der Historiker Eckard Steigerwald schreibt in seiner Broschüre von 1990 „Die Feste Calenberg“: Auch wenn es kaum vorstellbar ist, die Strömungsverhältnisse müssen an der Mühle bei Anlage der Festung so gewesen sein, daß sie mit Wasserkraft betrieben werden konnte.

Bei dem Begriff Calenberg handelte es sich nicht um einen alten Gerichtsbezirk der Reichsverfassung, sondern um eine junge Bildung, die erst mit dem Schlosse entstanden ist. Seit der ersten Verpfändung gleich nach dem Bau des Schlosses bis ca. 1400, als es in die eigene Verwaltung der Welfenfürsten übernommen wurde, gehörte zu Calenberg herrschaftliches Eigen- und Zinsland, von dem Zins und Dienste auf der Burg eingefordert wurden.

Dabei ist nicht ganz klar, ob es sich um einen geschlossenen Bezirk oder um Streubesitz handelte. Auf jeden Fall war er Mittelpunkt einer Wirtschaftsverwaltung und der Burgbezirk hatte die Tendenz zu wachsen. Später wurde der Begriff Calenberg auf das ganze Fürstentum übertragen und die Fürsten, von Erich I (1495 – 1540) bis Georg Wilhelm (1648 – 1675), haben Calenberg als Stammschloß ihres Hauses betrachtet und gepflegt.

Die Wissenschaftler vertreten die Ansicht, daß das Schloß Calenberg auf einer Insel angelegt wurde, die von zwei Leinearmen umflossen wurde, die lange Zeit gleichzeitig Wasser geführt haben. Der östliche ist der ältere und die sogenannte Alte Leine ist ein Rest davon. Die Flurnamenkarte von Alt-Calenberg zeigt den Leineverlauf um 1700. Es ist deutlich zu sehen, daß ein oberhalb der Calenberger Mühle abzweigender Leinearm den um das Schloß herumführenden Wallgraben speiste und über den sogenannten Mühlenstrang eine Wasserverbindung zur heutigen Alten Leine herstellte. Die Wassermenge war wohl durch ein Wehr regulierbar. Nach dem Abriß der Feste zwischen 1680 und 1720 wurde die Verbindung zur Leine unterbrochen. Der Wall wurde teilweise abgetragen und der Graben aufgefüllt, die Wasserläufe im Umfeld verändert, was eine Rekonstruktion heute sehr erschwert. Der Wallgraben und der Mühlenstrang fielen seitdem trocken, nur bei Hochwasser erkennt man manchmal die alten Wasserläufe.

Jedenfalls muß es mit dieser Mühle auf der Burg immer wieder Probleme gegeben haben, so daß zusätzlich mit Pferdekraft eine Göpelmühle betrieben werden mußte.

In der Schloßbeschreibung von 1584 werden auf dem Calenberg eine Roßmühle und eine Mehlmühle genannt, in der von 1585 Roßmühle und Mühle, und 1639 und 1665 heißt es nur noch: Eine alte Mühle.

Die Juliusmühle

Nachdem Herzog Erich der Jüngere von Calenberg 1584 ohne Leibeserben verstorben war, erbte sein Vetter Herzog Julius zu Wolfenbüttel das Herzogtum Calenberg. Dieser gab zwei Jahre später, im Jahr 1586 den Auftrag, eine neue Mühle direkt an der Leine zu bauen. Diese moderne Mühle hatte mehrere Mahlgänge, neben der Getreidemühle auch eine Öl- Säge und Bokemühle zum Flachsbrechen und wurde nach ihm Juliusmühle genannt. Sie war sehr groß und leistungsfähig und in der Tat jünger als die kleine Mühle der Herren von Rössing.

Sie war herrschaftliche Bannmühle und ihrem Mahlzwang unterstanden über 40 Dörfer.

Wie bei den herrschaftlichen Mühlen üblich, wurde auch die Juliusmühle von Pächtern betrieben. Den Pächtern waren aber nur die eigentlichen Mühlenräume verpachtet, in denen sich die Mahlgänge befanden. In den großen Kornböden darüber

wurde der Kornzehnte gelagert und von einem Rentmeister verwaltet.

Moderne Zeiten

Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Aufhebung der bäuerlichen Lasten erfolgte, entfielen die Ablieferung des Zehnten, die Hand- und Spanndienste und auch der Mahlzwang. Das Einzugsgebiet der großen Mühle verkleinerte sich erheblich.

Das führte zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Pächter, da die großen Kapazitäten der Mühle nicht mehr ausgenutzt werden konnten.

Unternehmerischer Wagemut

Ernst Malzfeldt, der 1854 schon die Innerstemühle bei Sarstedt aus königlich-hannoverschem Besitz gekauft hatte, übernahm 1871 von dem hochbetagten Pächter die Calenberger Mühle. Diese war inzwischen nicht mehr königlich-hannoversch, sondern gehörte seit dem Krieg von 1866 dem preußischen Fiskus, denn aus dem Königreich Hannover war 1966 eine preußische Provinz geworden. Ernst Malzfeldt hoffte, die Mühle käuflich erwerben zu können, um dann die notwendigen, umfangreichen Investitutionen vorzunehmen. Doch die Hoffnung. auf einen Kauf zerschlug sich.

Aber er erneuerte die veralteten Anlagen trotzdem und ersetzte die uralten Wasserräder durch den Einbau von Turbinen, errichtete neue Mühlengebäude und baute moderne Müllereimaschinen ein.

Der wirtschaftliche Erfolg gab ihm Recht. In zäher Arbeit hatten Ernst Malzfeldt & Söhne die Mühle zu einem sehr leistungsfähigen Betrieb ausgebaut.

Arbeitsordnung von 1892

Ein kleiner Ausschnitt aus einer Arbeitsordnung von 1892 gibt einen Einblick in den damaligen Arbeitsalltag, der in einer Getreidemühle von harter Knochenarbeit geprägt war.

Arbeitszeit war 6 Tage, von morgens 6 Uhr bis abends 19 Uhr, 13 Stunden, auch am Sonnabend. Nach Abzug von insgesamt zwei Stunden Pause waren das 11 Stunden reine Arbeitszeit täglich.

Pausen von 8 bis 8.30 Uhr

12 bis 13.00 Uhr

16 bis 16.30 Uhr

Wörtlich hieß es:

Für alle Zeitbestimmungen ist die Uhr der Dorfkirche zu Schulenburg maßgebend. Der Mahlbetrieb läuft in Tag- und Nachtschichten. Der Schichtwechsel für Tag- und Nachtschicht findet für die Müller morgens um 3 Uhr und nachmittags um 15 Uhr statt, für die Arbeiter morgens um 6 Uhr und nachmittags um 18 Uhr. Notwendige längere Arbeitszeit oder Sonn- und Festtagsarbeit im gesetzlich zulässigen Rahmen ist einzuhalten. Verspätungen bei Beginn der Arbeitszeit werden mit 10 Pfennig für jede angefangene halbe Stunde geahndet.

Bei Eintritt in die Firma erhält jeder Arbeiter die mehrere Seiten lange, IX Artikel umfassende Arbeitsordnung ausgehändigt, die er bei seinem Ausscheiden wieder abzuliefern hat. Jeder Arbeiter ist verpflichtet, der gemeinsamen Ortskrankenkasse Schulenburg und Umgebung beizutreten und die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften einzuhalten.

Mit dieser Arbeitsordnung war den Betreibern der Mühle ein freizügiges Arbeiten und Wirtschaften möglich,

Seit 1871 haben drei Generationen Ernst Malzfeldt & Söhne die Mühle immer wieder vergrößert. Wann dann die Familie Bremer die Mühle übernahm, war nicht zu ermitteln. Aber sie arbeiteten auch mehrere Generationen mit großem wirtschaftlichen Erfolg.

Der Gleisanschluß

Die Mehle waren von hoher Qualität und fanden guten Absatz in Niedersachsen und den Verbrauchergebieten im Norden und Westen. Mit der im Mühlenbetrieb nicht benötigten Wasserkraft wurde elektrische Energie erzeugt und an das Überlandnetz abgegeben. Das geschieht auch heute noch und ist ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor für die jetzigen Eigentümer.

Um die gewichtigen Getreide- und Mehlsäcke vor allem über weite Strecken zu transportieren, führte ein Bahnanschluß vom Bahnhof Nordstemmen fast bis zur Calenberger Mühle nach dem kleinen Ort Lauenstadt. Mehl und Futtermittel mußten mittels einer Kettenbahn vom Mehllager auf der Mühleninsel über die Laufbrücke, den Verbindungsweg über den Fluß der Turbinenzuläufe, zum Eisenbahnschuppen in Lauenstadt befördert werden, wo der Umschlagplatz war. Man nannte diesen winzigen Ort, unmittelbar bei Calenberg gelegen, auch Flohagen, weil er nie mehr als 7 Häuser hatte und sprach scherzhaft vom Lauenstädter Güterbahnhof.

Die Gleisanlage mußte streckenweise von der Mühle gewartet werden. Zwischen Lauenstadt und Rössing führten die Schienen durch das Hochwassergebiet unter den Eschen, und jedes Mal wurden bei Hochwasser Schwellen freigespült. Die Instandsetzung war kostspielig und langwierig. Außer der Calenberger Mühle benutzten noch die Schulenburger und Jeinser Kohlenhändler und Landwirte den Gleisanschluß zur Anfuhr von Kohlen und Düngemitteln.

Etwa 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der Güterverkehr der Mühle von der Schiene auf die Straße verlagert. Der Fuhrpark war vergrößert worden und die Gleisanlage wurde abgerissen.

Am Zielort mußte die Belieferung der einzelnen Kunden sowieso motorisiert vorgenommen werden. Zum Schluß kam die Knochenarbeit, der Transport der Zweizentnersäcke auf dem Rücken der Transportarbeiter in die Mehlkammern der kleinen und größeren Bäckereien.

Kriegs- und Nachkriegszeit

Kriegsbedingt waren etliche notwendige Verbesserungen und Modernisierungen in der Mühle aufgeschoben worden. Als nach dem Krieg der Betrieb wieder aufgenommen wurde, gab es viele Handwerker und Arbeitskräfte, aber wegen Materialmangel konnte doch so manches nicht in Angriff genommen werden. Die Arbeitsplätze, wo Lebensmittel hergestellt oder verarbeitet wurden, waren sehr begehrt. In den Hungerzeiten fiel in einer Mühle immer etwas ab.

Das Wichtigste war vor allem, daß die Bevölkerung etwas zu essen hatte, es wurde also Getreide gemahlen. Auslandsgetreide wurde in Bremen von Überseeschiffen gelöscht und lose in Waggons geladen. Neben Weizen wurde auch Mais als Brotgetreide geliefert. Den kannte man in Deutschland bisher nur als Futtermittel. Mais ist härter als unser Brotgetreide und ließ sich ohne Vorbehandlung auf den herkommlichen Mühlen nicht vermahlen und der Maschinenpark mußte umgestellt werden. Der Mais mußte einer Wärmebehandlung von 40 Grad unterzogen werden, bevor er gemahlen werden konnte. Für die Bäcker war es ein Kunststück, mit Maismehl ordentliches Brot zu backen. Im Anschnitt sah es gelb aus wie Kuchen mit ganz viel Eiern, aber leider schmeckte es nicht so. Trotzdem war die Bevölkerung froh über das Maisbrot, denn die Lebensmittelrationen waren klein, in der schlechtesten Zeit bis 1948 zur Währungsreform, waren es nur 1000 Kalorien pro Tag.

Dass von den Amerikanern Mais als Brotgetreide nach Deutschland geliefert wurde, war angeblich ein Mißverständnis. Der deutsche Verhandlungspartner, der die Gespräche über die Hilfslieferung von Brotgetreide führte, sprach von Korn, womit er Roggen als unser übliches Brotgetreide meinte, im Gegensatz zu Weizen. Aber die Amerikaner kennen keinen Roggen, und corn ist für sie Mais, den auch sie als Futtermittel verwenden. Und so bekamen wir ganze Schiffsladungen von Mais

Not macht erfinderisch und so schildert ein ehemaliger Mitarbeiter der Calenberger Mühle noch so manches aus diesen Jahren, was den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Franz Huber war seit 1945 als gelernter Müller bei der Mühle tätig, und hat einen ausführlichen Bericht über diese Zeit geschrieben.

Die Mühleninsel

Die Mühle wurde 1586 auf einer hochwassergeschützten Insel der Leine angelegt. Aber sie umfaßte nicht nur das Mühlengrundstück, sondern es gab eine ganze Reihe weiterer alter Flurstücke, von denen die jeweiligen Mühlenpächter einige erwarben. So gab es noch die Schradersche Anbauerstelle, den Mühlengarten, die Kleine Mühlenmarsch und jenseits der Leine die Große Mühlenmarsch. Von dem eigentlichen Mühlengrundstück mit dem Kraftwerk ist aber dabei nie die Rede.

In einer kleinen Chronik über die Calenberger Mühle, vermutlich verfaßt von einem Mitglied der Familie Bremer wird berichtet, daß es der Familie Bremer gelang, die Mühle während des Krieges von der Regierung zu kaufen.

Dem widersprechen die Grundbucheintragungen im Grundbuchamt Springe. Im Grundbuch ist in den Eintragungen, die das eigentliche Mühlengrundstück betreffen, nie von der Familie Bremer die Rede. Als Eigentümer wird dort bis 1993 nur genannt.

FIRMA ERNST MALZFELDT & SÖHNE

SCHULENBURG / LEINE

Dies ist nur so zu erklären, daß die Familie Bremer die Firma Ernst Malzfeldt & Söhne aufgekauft hat und unter dem Firmennamen Malzfeldt & Söhne weiter betrieb. Sie wurde Eigentümer der Mühle, ohne selbst mit ihrem Namen im Grundbuch zu erscheinen.

Daß das einst blühende Unternehmen die Krisenzeiten in den 1980er Jahren nicht überlebte, hat sicherlich mehrere Ursachen und entbehrt auch nicht einer gewissen Tragik. Die Mühle hatte zum Schluß sieben Anteilseigner. Sie wurde an die Bremer Rolandmühle verkauft und noch kurze Zeit als Mehlmühle weiter betrieben. 1987 hörte die Calenberger Mühle auf Getreide zu mahlen, sie wurde stillgelegt und eine 400jährige Mühlentradition ging zu Ende.

Frischer Wind in alten Mauern

1988, ein Jahr später, beginnt in der Region Hannover, in Calenberg, unter der Führung von Stephan Rettenmaier, dem Sproß einer erfolgreichen schwäbischen Unternehmerfamilie von Weltformat, die Produktion von Faser-Granulaten für den Straßenbau, als Zusatz für den sogenannten Flüsterasphalt.

In der Calenberger Mühle stehen die Räder nicht mehr still, sie mahlen nun Kunststoffe statt Getreide.

Anfangs galt das Interesse der süddeutschen Unternehmer mehr der Energiegewinnung durch Wasserkraft, aber unternehmerischer Erfindergeist sah noch andere Möglichkeiten in der traditionsreichen Mühlenanlage Calenberg. Unter ihrem Geschäftsführer Stephan Rettenmaier expandiert die Firma JRS Prozeßtechnik (Josef Rettenmaier Senior) mit viel Erfolg und versucht, sich über den Inselbereich hinaus auszudehnen. Laut Zeitungsbericht wird der Erwerb der Mühlenmarsch angestrebt, wozu allerdings die Umwidmung der bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche zu Industriegelände notwendig ist.

Quellen:

Pfarrarchiv Rössing: Fasc.1 A. 110, Mühlenstreitigkeiten zwischen der Rössinger und Calenberger Mühle

Persönliche Berichte der Rössinger Müllerfamilie Brünig, der letzten Mühlenpächter:

Hannoversche Allgemeine Zeitung , Landkreis-Zeitung Süd, vom Mittwoch, 30. Juli 1986

Seite 4: Heinz Koberg: Der Mühlenzwang der Calenberger Mühle

NHSA Hannover : Sudendorf, Urkundenbuch der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, Band III, Nr. 206. .Seite . 133/4 vom 24. November 1363

Werner Spieß: Die Großvogtei Calenberg, Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1933

Eckard Steigerwald: Historiker. Die Feste Calenberg, Broschüre des Rotary-Clubs, ca 1990

StA Wf, I Alt 30, Nr. 494 NHSA Cal Br 2 Nr. 335

Flurnamenlexikon und Flurnamenkarte von Alt-Calenberg, Hrsg. Landkreis Hannover 1987

Bearbeitet von Heinz Weber

Dr. Allheidis von Rohr und Dr. Edgar Kalthoff:Calenberg, „Von der Burg zum Fürstentum“.

Hannover 1979, Hrsg. Hist. Museum

Franz Huber, Schulenburg/Leine, Königsberger Str. 8

Calenberger Mühle, Ernst Malzfeldt & Söhne und Familie Bremer :Copy-Druck, Privatbesitz

Die Holzmüller“Geburtstagsbuch für Josef Rettenmaier zum 80. Geburtstag am 4. Juli 2004

Der Dorfladen in Rössing

Springer Jahrbuch 2015

Helga Fredebold

Zur Geschichte des neuen Dorfladens in Rössing Rnah: Tante Emma war gestern

Als das letzte Lebensmittelgeschäft in der Kirchstraße Nr.10 am 31. Januar 2012 geschlossen wurde, hatte Rössing außer der Schlachterei von Wolfgang Meyer, Bahnhofstr. 9 und einer Bäckereifiliale von Oppenborn aus Schulenburg im gleichen Hause, kein weiteres Geschäft mehr im Ort, wo man den täglichen Bedarf an Lebensmitteln decken konnte.

Im März 2012 unterbreitete Tita Frfr. von Rössing, unsere Ortsbürgermeisterin, uns

ihre Idee mit der Gründung eines neuen Dorfladens auf genossenschaftlicher Basis.

In ihrer mitreißenden Art gelang es ihr, die Dorfbewohner von dem Projekt recht schnell zu überzeugen. Im Oktober wurde eine GmbH gegründet, deren Gesellschafter die Dorfbewohner sind, durch Zahlung einer Einlage von mindestens 100 EU pro Anteilschein. Diese werden treuhänderisch von einem Treugeberbeirat verwaltet. Es wurde eine Summe aufgebracht, die für den Umbau, die Einrichtung und den ersten Wareneinkauf reichte.

Der Ausbau des letzten „Gemischtwarenladens“ in der Kirchstraße 10 wurde mit Elan in Angriff genommen. Unermüdlicher Einsatz, viel Idealismus und finanzielle Zuwendungen der Bevölkerung führten zum Ziel. Da man sparsam mit dem Geld umgehen wollte, wurden auch gebrauchte Materialien verwendet, aber dadurch verzögerte sich die Fertigstellung, so dass man die angepeilten Termine nicht ganz einhalten konnte.

Endlich war es so weit. Am 16. Mai 2014 wurde der neue Dorfladen eröffnet. Mit der Namensgebung Rnah, R – für Rössing und –nah für Nahversorger, haben die Rössinger nicht nur bewiesen, dass sie nicht nur zu einer aussergewöhnlichen Gemeinschaftsleistung fähig sind, sondern dass sie auch einen ganz besonderen Sinn für Humor haben.

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Wenn die Rössinger Männer nun in Zukunft zu Rnah gehen, dann hat das absolut nichts Anrüchiges an sich, sondern sie gehen ganz brav einkaufen.

Denn dieses zentral gelegene Haus in der Kirchstraße Nr.10 hat Tradition, schon seit über 100 Jahren werden in diesem Haus Lebensmittel verkauft.

Die Kirchstraße Nr. 10 hat die alte Hausnummer 112. Was es mit den alten und neuen Hausnummern auf sich hat, ist den älteren Dorfbewohnern oft noch bekannt, aber den jüngeren kaum, wenn sie in alten Familienpapieren darauf stoßen. Die alten Hausnummern sind die Versicherungsnummern der ersten Brandkasse, die König Georg III, König von England und Kurfürst von Hannover etwa 1760 zwangsweise einführte, damit bei den zahlreichen Bränden, die häufig ganze Dörfer einäscherten, die Bevölkerung nicht total verarmte. Diese Versicherungsnummern der Brandkasse wurden die Hausnummern. Sie mußten deutlich sichtbar außen am Hause angebracht werden, damit man das Haus im Notfall auch schnell fand und jedes neu erbaute Haus erhielt die nächst höhere Versicherungs- bzw. Hausnummer, in Rössing waren es 191.

Erst als nach dem Zweiten Weltkrieg etwa 1950 für die Unterbringung der vielen Vertriebenen aus den verlorenen Ostgebieten ganze Neubauviertel entstanden, wurden Straßennamen eingeführt und jede Straße bekam eigene Hausnummern, die mit Nr. 1 begannen.

Das Haus Nr. 112, (Kirchstraße Nr. 10) wurde zwischen 1867 und 1878 von Friedrich Haller erbaut, der darin einen „Galanteriewaren und Hokenhandel“ betrieb. Es ist etwa 140 Jahre alt und hatte aber sicher schon einen Vorgänger. Friedrich Haller gehörte zu der Familie Haller, die im „Adeligen Krug“, der später „Gasthaus zum Löwen“ hieß, Kirchstraße 21, eine Gastwirtschaft und einen Getreidehandel betrieb. Man erkennt es noch an der Dachgaube, wo früher die Kornsäcke hochgezogen wurden.

Friedrich Haller verkaufte einmal das, was wir heute als Kurzwaren bezeichnen, also normalen Nähbedarf wie Steck- und Nähnadeln, Nähgarn, Zwirn und Knöpfe. Aber darüber hinaus führte Friedrich Haller Galanteriewaren, das sind Tressen, Spitzen, Bänder, Paspel, Schmuckelemente für den gehobenen, eleganten Zierrat für festliche Damenkleider oder Hüte. Die Kleider wurden damals noch zu Hause von der Hausfrau oder einer Hausschneiderin angefertigt, die von Haus zu Haus zog, und da bestand Bedarf für solche Artikel. Die ersten Kaufhäuser, die auch fertige Damen- oder Kinderkleider anboten, entstanden erst später, etwa um 1900 in Berlin.

Und „Hokenhandel“ war eigentlich ein „Kiepenhandel“, und der Betreffende hatte eine Konzession, dass er über Land fahren und seine Waren auch in andern Orten anbieten durfte.

Wie lange genau Friedrich Haller seine Galanteriewaren dort verkaufte, wissen wir nicht. Aber schon vor über 100 Jahren, im Reichsadressbuch von 1908, wurde in diesem Haus ein Georg Beneke als Inhaber eines Gemischtwarenladens aufgeführt. Dieser Georg Benecke war allerdings kein Verwandter von der Familie Beneke, die heute im Loderwinkel 3 wohnt.

Unter einem Gemischtwarenladen verstand man aber nicht nur Lebensmittel, sondern eigentlich war es schon ein Supermarkt im Kleinen, nur mit einem völlig anderen Angebot als heute. Zucker stand im Sack herum. Mehl, Nudeln, Graupen und Sago wurden lose in Schubladen aufbewahrt und auf einer Tafelwaage mit kleinen Gewichten in Papiertüten abgewogen, nichts war fertig abgepackt. Außerdem gab es Kernseife, Schmierseife, Soda zum Geschirrabwaschen, Schuhkrem und Zündhölzer, Maggi, das aus einer großen Flasche abgefüllt wurde und Glaszylinder für Petroleumlampen und dazu das notwendige Petroleum. Denn elektrisches Licht gab es erst nach 1911 in Rössing und noch längst nicht für alle Haushalte. So lange hatte man auf dem Lande nur Kerzen oder Petroleumlampen als Beleuchtung, daher die vielen Brände durch offenes Licht.

Oft wurden diese Geschäfte auch Kolonialwarenläden genannt, weil sie Kaffee, Kakao, Tee oder auch Reis und andere Waren verkauften, die aus den überseeischen deutschen oder ausländischen Kolonien stammten.

Allerdings hatte Georg Beneke auch 1908 schon Konkurrenz im Dorf. Außer ihm gab es noch drei andere „Gemischtwarenläden“, wie sie sich damals nannten. Das waren

Nolte, in der Kirchstraße 2, später war der „Konsum“ in diesem Laden, danach Ruhkopf. Außerdem gab es Runne, Kirchstraße 14, und Speckesser in der Langen Straße 12, den später die Tochter Frau Petsch von ihren Eltern übernahm.

Wie weit sich diese Geschäfte von einander unterschieden, oder ob alle das gleiche Angebot hatten, können wir heute nicht mehr feststellen.

Jedenfalls existierten sie alle noch nach 1945.

Pläne im Zweiten Weltkrieg

Im Kriegsjahr 1940 kam ein Auswärtiger ins Spiel, Wilhelm Moldenhauer aus Nordstemmen. Seine Vorfahren betrieben seit 1887 im Stammhaus in Nordstemmen, in der Hauptstraße Nr. 113 einen Gemischtwarenladen und einen Hokenhandel in der Umgebung, wo man die Waren bestellen konnte, die dann in die anderen Dörfer ausgeliefert wurden. 1935 übernahm Wilhelm Moldenhauer in der dritten Generation die Firma in Nordstemmen.

Er wollte das „Überlandfahren“ aufgeben, aber trotzdem das Geschäft ausweiten. Er plante die Gründung einer Filiale und kaufte im Kriegsjahr1940 in Rössing das Haus von Georg Beneke, Kirchstraße Nr. 10. Aber der Krieg machte alle Pläne zunichte. Er mußte Soldat werden und kehrte aus Stalingrad nicht zurück.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg war das Haus mit Flüchtlingen und Vertriebenen vollgestopft, wie alle Häuser in dieser Zeit. Im Gemischtwarenladen von Georg Beneke im Erdgeschoß verkaufte Frau Härke Milch, die lose ausgeschenkt wurde. Sie wohnte Kirschenbrink 5. Ihr Schwiegersohn Karl Richter war Milchfahrer und seine Frau Marla, geb. Härke wurde von der Gemeinde als Leiterin der Gemeinschaftsküche Ende 1946 fest angestellt und half beim Milchverkauf mit aus.

Bis zum Herbst 1947 war die Einwohnerzahl in Rössing von 1168 vor dem Krieg auf 2390 gestiegen, und Frau Härke wollte im Dorf eine zweite Milchverkaufsstelle einrichten, denn Tetrapack und H-Milch waren noch unbekannt. Doch das wurde von der Gemeinde nicht für erforderlich gehalten. Um eine schnellere Abwicklung zu ermöglichen, sollte Frau Härke ihr Personal aufstocken. Später errichtete sie dann die „Milchhalle“ an der Feuerwache, die inzwischen zu einer „Pizzabäckerei“ umfunktioniert wurde.

Erika Moldenhauer, als Kriegerwitwe mit zwei kleinen Kindern, konnte die Pläne ihres gefallenen Mannes mit einer Filiale in Rössing vorerst nicht verwirklichen.

Aber sie packte beherzt an, resolut war sie, und erweiterte in den folgenden Jahren das Nordstemmer Geschäft räumlich, personell und leistungsmäßig bedeutend.

Als dann im Jahr 1949 die Wohnungskommission in Rössing in ihrem Haus in der Kirchstraße 10 Räume für ein Gemeindebüro beschlagnahmen wollte, was sich aber zerschlug, bekam sie unter großen Schwierigkeiten die Räume für die Einrichtung eines Kolonialwarengeschäftes frei und ein Geschäftsführer, bzw. Pächter stand auch schon bereit, Hermann Raupach, den viele im Dorf noch kennen.

Im Juli1946 war seine Frau Edith Raupach mit vier Kindern als Vertriebene aus Neuhammer Kreis Bunzlau/Schlesien in Wohnräume im Geschäftshaus der Familie Moldenhauer in Nordstemmen eingewiesen worden. Ein paar Wochen später kam der Familienvater Hermann Raupach aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück, glücklich, daß er seine Familie wiedergefunden hatte. Er bekam auch gleich Arbeit bei „Landmaschinen-Müller“, die im gleichen Hause wohnten und nach drei Jahren wurde er als Verkäufer im Moldenhauerschen Laden eingestellt, als Vorbereitung für die Übernahme der Rössinger Filiale.

Hermann Raupach war gelernter Bäckermeister und Konditor und hatte in Schlesien schon seit 1930 eine Bäckerei mit Kolonialwarengeschäft betrieben. Er pachtete ab Januar 1950 den Moldenhauerschen Laden in Rössing. Die Familie mit inzwischen fünf Kindern bekam erst im Mai 1951 In Rössing Wohnraum durch Tausch zugewiesen, aber der Betrieb ließ sich sehr gut an.

Erneuter Wechsel

Inzwischen wuchsen die beiden Kinder von Frau Moldenhauer heran und der Sohn Peter machte eine kaufmännische Ausbildung mit der Absicht, das Geschäft in Rössing zu übernehmen.

1959 war es so weit. Familie Raupach hatte noch nicht mit so einem schnellen Wechsel gerechnet und davon war wohl auch bei Abschluss des Pachtvertrages nicht die Rede gewesen. Aber Raupachs hatten schon Pläne für den Neubau eines Hauses mit Laden in der Bahnhofstraße Nr.12, die nun schnellstens realisiert werden mussten. Noch im gleichen Jahr 1959 zog die Familie um und Hermann Raupach eröffnete dort selbst ein Lebensmittelgeschäft. Anfangs waren sie freie Händler, schlossen sich aber später der „Rewe-Gruppe“ an.

Viele Jahrzehnte versorgten er und seine Frau und später Tochter Renate Böger, geb. Raupach, die Bewohner vor allem in den ringsum entstandenen Neubaugebieten mit den Dingen des täglichen Bedarfs.

Aber die steigende Mobilität der Dorfbewohner änderte auch ihr Einkaufsverhalten. Die Supermärkte, die in den umliegenden größeren Orten allmählich entstanden, zogen viele Kunden ab. Als Renate Böger das Rentenalter erreicht hatte und kein Pächter zu finden war, gab sie das Geschäft am 30. April 2008 auf. Für die Rössinger war es ein herber Verlust. Denn Renate Bögers Laden war nicht nur ein Geschäft, in dem man seine Einkäufe tätigte, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. Dort traf man seine Nachbarn, konnte mal ein paar Worte wechseln und Frau Böger hatte für jeden ein offenes Ohr und ein freundliches Wort.

Junge Leute am Ruder

Als Peter Moldenhauer am 14. März 1959 das Geschäft von seiner Mutter in der Kirchstraße übernahm, hatte er große Pläne gehabt. Fünf Monate dauerte der Umbau zu einem modernen Selbstbedienungsladen. Während dieser Zeit fand der Verkauf in der ersten Etage statt, bis am 20. August 1959 die Eröffnung des neuen Geschäftslokals erfolgte. Er führte den Laden etwa zwei Jahre. Aber dann entdeckte er, dass so ein Lebensmittelgeschäft auf dem Dorfe doch nicht sein Lebensziel wäre und er begann ein Studium.Frau Erika Moldenhauer führte nun zusammen mit Ingrid Schwick, einer Kusine, die schon seit 1954 bei ihr arbeitete und ihre „Rechte Hand“ im Geschäft war, den Nordstemmer und den Rössinger Laden bis etwa 1973 weiter.

Die Lichter gehen aus

Dann wollte sich Frau Moldenhauer zur Ruhe setzen und das Rössinger Geschäft wurde geschlossen. Die Geschäftsräume In Rössing ließen sich als Ladenlokal nicht wieder vermieten. Da schloss Frau Moldenhauer für die Räume einen fünfjährigen Mietvertrag mit der Gemeinde Nordstemmen ab, die darin einen Kinderspielkreis einrichten wollte. Aber diese Pläne zerschlugen sich, weil die erforderlichen Umbauarbeiten zu teuer geworden wären. Eine andere Nutzung ergab sich nicht, so blieben die Räume fünf Jahre ungenutzt und die Gemeinde mußte fünf Jahre die Miete dafür bezahlen.

Neuanfang

Erika Moldenhauer verkaufte nun das Haus Kirchstraße 10 in Rössing an Frau Ingrid Borsum, die dort im November 1978 einzog und am 1.März 1979 wieder ein Lebensmittelgeschäft eröffnete. Familie Borsum hatte das Grundstück daneben dazugekauft um den Laden zu vergrößern, und die Außenfront wurde neu gestaltet.

Wenn man so lange ein Geschäft hat, erlebt man auch allerlei. Ein treuer, wenn auch nicht unbedingt der Lieblingskunde, war Friedel Koch, Hofbesitzer und Sattler in der Kirchstraße Nr. 12. Viele Ältere unter Ihnen werden sich noch an ihn erinnern, und an seine häuslichen Verhältnisse und seine Viehhaltung. Er war nicht verheiratet und lebte allein. Er hielt sich immer gern lange im Laden bei Frau Borsum auf. Er suchte Gesellschaft, redete viel mit den anderen Kunden und wenn er dann endlich ging, mußte erste einmal die Türe weit aufgerissen und gelüftet werden, damit wieder frische Luft in die Räume kam.

Von 13 bis 15 Uhr war Mittagspause und der Laden geschlossen. Als Frau Borsum einmal das Geschäft um 15 Uhr wieder öffnen wollte, stand schon ein Mann mitten im Laden mit einer Bierflasche in der Hand, da hatte sie vergessen, die Tür abzuschließen. Aber es war ja gut ausgegangen.

Ein anderes Mal ging es nicht so glimpflich ab. Während der Urlaubszeit, als Familie Borsum verreist war, wurde eingebrochen. Aber die Täter hatten es nur auf die Zigaretten und Alkoholika abgesehen, alles andere hatten sie nicht angetastet. Aber der sonstige Sachschaden schlägt ja auch zu Buche.

20 Jahre lang hielt Frau Borsum die Stellung in ihrem Selbstbedienungsladen. Aber für die kleineren Lebensmittelmärkte wurde es immer schwieriger. Die großen Supermärkte mit ihrem „Rundum“-Angebot machten ihnen das Leben schwer.

Frau Borsum meldete das Geschäft nach 20 Jahren zum 31.Mai 1999 ab und verkaufte das Haus per 1. Juni 1999 an Frau Gudrun Akthar, die dort seitdem ein kleines Gemischtwarengeschäft betrieb. Wegen des umfangreichen Ausbaus der Kirchstraße 2008/9 war ihr Geschäft über ein Jahr lang praktisch nicht mit dem Auto und zu Fuß nur unter Schwierigkeiten zu erreichen. Es gelang ihr nicht, die Durststrecke zu überwinden und das Angebot war wohl auch nicht so das Richtige. Jedenfalls schloss sie das Geschäft am 31. Dezember 2011.

Ein neuer Dorfladen

Nun bemüht sich die Dorfgemeinschaft, in dem Hause Kirchstraße Nr. 10 einen „Dorf- Laden“ auf genossenschaftlicher Basis in Gang zu bringen, Rnah nicht nur anzuschieben, sondern sie auch am Laufen zu halten. Es ist schon sehr viel Arbeit geleistet. Aber auch in Zukunft ist freiwilliger Einsatz in der Geschäftsführung, beim Treugeber-Beirat und bei der Vertretung der Anteilseigner nötig, damit das Projekt auf Dauer den Erfolg hat, den wir uns alle wünschen.

Die Schulen in Rössing

Vorwort

Kaum ein Jahr vergeht, an dem nach den Sommerferien Eltern und Schüler nicht mit einer Neuregelung in der Schulwelt konfrontiert werden. In diesem Jahr ist das neue Schlagwort: Inklusion. Behinderte Schüler, lernschwache und körperlich behinderte sollen in Zukunft gemeinsam mit den „Normalschülern“ unterrichtet werden. Die Oberschule, die alle Kinder gemeinsam von der ersten bis zur 10. Klasse, der „Mittleren Reife“ besuchen sollen, soll Regelschule werden. Die Haupt- und Realschulen werden zusammengelegt. Man schreckt auch vor noch weitergehenden pädagogischen Experimenten nicht zurück. In Schulenberg/Leine sollen nun, wie vor 150 Jahren, die Kinder in altersgemischten Klassen unterrichtet werden. Die Jüngeren sollen von den Älteren lernen und die Schnelleren helfen denen, die etwas länger brauchen. Das soll das soziale Verhalten fördern und jeder könne optimal gefördert werden. So stellt man sich das vor. Wenn man sich einmal mit der Geschichte der Schulen befasst, so stellt man fest dass vieles, was heute als das Fortschrittlichste und Beste propagiert wird, schon einmal da war. Aber es wurde zum Beispiel als großer Fortschritt angesehen, als man die ein- und zweiklassigen Dorfschulen, in der mehrere Jahrgänge gleichzeitig unterrichtet wurden, auflösen konnte. Gewiss hat man heute größere theoretisch Kenntnisse über Pädagogik und bessere Lehrmittel. Aber auch Lehrer sind nur Menschen, und der zusätzliche Bedarf an Lehrern und Pädagogen, der in der Regel die finanziellen Möglichkeiten der Behörden übersteigt, lässt kaum auch nur gedämpften Optimismus für eine bessere Schulwelt aufkommen. Aber jede Zeit hatte ihre Probleme, lesen Sie selbst, wie es früher einmal war.

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Seit 1641 die erste Schule in Rössing nachgewiesen

Die ältesten Schulen im hiesigen Raum waren die mittelalterlichen Lateinschulen der Kir-chen und Klöster. Schon vor ersten Jahrtausendwende existierte die Hildesheimer Dom-schule, deren Schüler auch der berühmte Bischof Bernward gewesen ist. Im Jahre 1429 erhielt Siverd von Rössing das hohe Amt des Domscholasters und wurde Vorsteher der Dom-schule.

Mit der Ausbreitung von Handel und Gewerbe wurden Kaufleute und Handwerker gebraucht, die auch schreiben, rechnen und lesen konnten. Die Lateinschulen, die vorwiegend der Aus-bildung des Klerus und des akademischen Nachwuchses der neu gegründeten Universitäten dienten, waren hierfür nicht geeignet. So entstanden in den Städten unterhalb des Niveaus der Lateinschulen deutschsprachige Schreibschulen. Das Niederdeutsche war die verbindli-che Schriftsprache des gesamten Hanseraumes, zu Beginn der Neuzeit allmählich ins Hochdeutsche weiter entwickelt. Diese Schulen wurden auch Winkelschulen genannt, weil sie außerhalb der geistlichen Obrigkeit entstanden. Später wurden daraus die Bürger- oder Stadtschulen.

Katechismusschulen

Auf dem Dorfe kam die Entwicklung erst mit der Reformation in Gang. Die ersten Landschu-len waren die sogenannten Katechismus- oder Küsterschulen. Sie dienten vor allem der Er-ziehung zum Christentum und der Disziplinierung zu frommen Untertanen. Ziel war die Fes-tigung der gerade durchgesetzten Reformation. Lehrstoff waren Luthers Kleiner Katechis-mus, Kirchengesang und Religion. Erst später kamen Lesen, Schreiben und dann Rechnen dazu. Der Küster und Organist war der erste Lehrer in den Dörfern. Er sollte schreiben, le-sen und ein wenig Latein können. Das Lernziel war niedrig angesetzt. Handwerker waren laut Braunschweig-Wolfenbüttteler Schulordnung von 1651 nicht erwünscht. Aber manchmal wurden auch ausgediente Soldaten für das Amt des Lehrers eingesetzt. 1751 gründete ein Privatmann in Hannover das erste Lehrerseminar. Damit wurde für Calenberg eine einiger-maßen qualifizierte Lehrerausbildung möglich, zu der auch das Orgelspiel gehörte, weil der Lehrer auf den Dörfern zugleich auch das Küsteramt innehatte.

Im Frühjahr 1543 wurde im Zuge einer Kirchenvisitation auch in Rössing die Reformation eingeführt. Die Calenberger Herzogin Elisabeth I war eine leidenschaftliche Anhängerin der Reformation und forderte zugleich mit der Einführung des lutherischen Glaubens eine um-fassende Verbesserung des Schulwesens, auch auf dem Lande. Jeder sollte die Bibel lesen können

In Rössing findet sich der erste sichere Hinweis auf das Vorhandensein einer Schule im Jah-re 1641. In diesem Jahre wurde Mattheus Lercerius durch den Superintendenten aus Jein-sen in sein Amt als Küster, Lehrer und Organist in Rössing introduziert. Er unterrichtete im Sommer (von Johannis bis Michaelis) von sechs bis neun Uhr und die übrige Zeit von sie-ben bis zehn und von zwölf bis fünfzehn Uhr, weil die Kinder im Sommer in der Landwirt-schaft helfen mußten. Die Eltern eines jeden Kindes mußten ihm dafür pro Vierteljahr sechs Groschen zahlen.

Sorgen der Lehre

Diese sehr detaillierten Angaben verdanken wir einem Nachfolger von Sercerius, dem Leh-rer und Küster Johann Valentin Fricke. Während seiner Amtszeit in Rössing (1721 – 1744) schrieb er lange Berichte und Beschwerdebriefe an den Superintendenten als Schulauf-sichtsbehörde. In ihnen berichtet er genau nach schriftlichen Unterlagen über genannten Mattheus Sercerius. Seine Briefe geben tiefe Einblicke in seine Sorgen und Nöte. Er beklagt die schlechte Zahlungsmoral der Rössinger, so daß er in tiefer Armut leben müsse.

Der Lehrer und Kirchendiener stand in der bäuerlichen Hierarchie ganz unten. Sein Ein-kommen entsprach etwa dem des Gemeindehirten und diese geringe soziale Stellung wies man ihm auch zu. Darüber beklagte er sich ebenso, wie über eine Privatschule in Lauen-stadt bei Schulenburg. Sie würde von einem Ausschuß-Sergeanten Götze geleitet und ziehe ihm die Kinder ab. Götze lehre diese zugleich die Kriegs-Exercitia und Lehrer Fricke verlangt die Abschaffung dieser Nebenschule. Fricke erhält ebenfalls sechs Groschen im Vierteljahr pro Kind. Wenn es schreiben lernt, kommen noch drei Groschen dazu, außerdem noch drei Groschen Holzgeld jährlich. Er klagt über die Zucht- und Respektlosigkeit der 52 Schulkinder, den schlechten Zustand und die Enge des Schulzimmers von 14 mal 17 Fuß, (1 Fuß Er fügt die Abschrift einer Schulverordnung des Herzogs Ernst August vom 9. Oktober 1681 bei, wonach die Schul-pflicht vom sechsten bis zwölften Jahr dauert. Die Calenberger Schulordnung von 1737 setzt die Schulpflicht dann vom sechsten bis zum vierzehnten Lebensjahr fest.

Schule im Küsterhaus

Das alte Rössinger Küsterhaus, in dem auch die Schule gehalten wurde, befindet sich in der Karlstraße Nr. 6 (alte Hausnummer 94, früher „Zwischen den Hütten“.)

Es liegt dicht bei der Kirche und direkt daneben liegt das Pfarrwitwenhaus, (Am Denkmal 2) und das Schulwitwenhaus, (Am Denkmal 3). Alle drei Häuser gehören zu den ältesten im Dorf. Das Haus „Am Denkmal 2“ wurde in den Jahren 1964 – 74 von den heutigen Eigentü-mern vollständig umgebaut und nichts mehr daran erinnert noch an das ehemalige Pfarrwit-wenhaus.

Das Haus „Am Denkmal 3“, das ehemalige Guts- und Schulwitwenhaus dagegen ist noch das alte, kleine Hüttchen von früher, In weihnachtlicher Beleuchtung sieht es aus wie ein romantisches, kleines Hexenhäuschen. Aber es wird noch bewohnt und erhielt 2013 sogar ein neues Dach und wurde 2014 von seinem Eigentümer, Alexander Frh. von Rössing verkauft.

Das Küsterhaus in der Karlstrasse wurde 1961 von der Kirche an Konrad Schiller verkauft. Als Baujahr nimmt man das Jahr 1781 an, denn diese Zahl ist zusammen mit folgendem Spruch in einen Torbalken eingeschnitzt Ihr Eltern sendet Eure Kinder zu der Gottesfurcht hier ein, Schon in ihrer frühen Jugend wird sie ihnen nützlich sein. Dieser befindet sich heute im Inneren des Hauses in einer Wand, die früher offensichtlich den Schuleingang von Norden her darstellte.

Das Schul- und Küsterhaus von 1781 in der Karlstraße Nr. 6

Unterrichtszwecken. Diese Knabenschule hatte im Küsterhaus ein großes Schulzimmer von 7 mal 7 Metern.“ Dies läßt sich heute trotz vieler Umbauten im Inneren immer noch erken-nen.

Im Jahre 1853/54 erfolgte eine Erweiterung der Wirtschaftsräume, wie man deutlich an der rechten Seite des Gebäudes erkennen kann. Dadurch verschwand der geschnitzte Balken im Inneren des Gebäudes. Der Anbau erhielt ebenfalls ein großes Scheunentor. Der alte, mit Stroh gedeckte Teil des Daches wurde nun ebenso wie der neue Anbau mit Ziegeln gedeckt. Dieser Umbau kostete damals 450 Taler, die von der Schulgemeinde aufzubringen waren. Die Hand- und Spanndienste mußten von den Bauern geleistet werden. Ein weiterer kleiner Anbau wurde im Jahre 1900 erstellt und außerdem wurde die Treppe verlegt.

Die Schule war eine einklassige Dorfschule gewesen, bis 1774 ein zweites Gebäude als Mädchenschule eingerichtet wurde. Ab 1866 wurden die Kinder dann endlich nicht mehr nach dem Geschlecht, sondern nach dem Alter und den Kenntnissen in zwei Klassen aufge-teilt.

Das blieb so, bis 1888 das neue Schulhaus in der Kirchstraße erbaut und kurz vorher eine dritte Lehrerstelle eingerichtet wurde. Außer der freien Wohnung sollte der dritte Lehrer min-destens 750 Mark jährlich erhalten. Das Küsterhaus blieb danach weiterhin Wohnhaus des ersten Lehrers.

Zur ersten Lehrerstelle gehörte das Lehrerwitwentum. Dies umfaßte das Wohnrecht im Lehrerwitwenhaus und anteilige Nutzungsrechte am Küstergarten. Jeder neue Lehrer mußte sich mit der Witwe seines Vorgängers vergleichen. Das führte oft zu Unstimmigkeiten. Das Haus „Am Denkmal 3“ muß in einem erbärmlichen Zustand gewesen sein. Es war im Besitz der Familie von Rössing und wurde kurz nach der französischen Revolution, zwischen 1793 und 1796, von den Eigentümern als Armenhaus neu erbaut. Dort wurden auch alte und nicht mehr arbeitsfähige Gutsleute untergebracht.

Lehrer Rokahr beschreibt 1910 in seiner Schulchronik: Das Haus hatte vier Zimmer und vier Witwen durften darin wohnen, aber nur, so weit sie keine Kinder hatten. Andernfalls mußten die Kinder ihre Mutter aufnehmen.

Auswahl der Lehrer

Da die Herren von Rössing das Kirchenpatronat innehatten, wurden Sie automatisch mit dem Entstehen der Küsterschulen auch Schulpatron. Somit hatten sie immer Einfluß auf die Auswahl des Schullehrers. Als im Jahre 1705 Herr von Rössing einen Guarde-Reuter als Lehrer vorschlug, wandte sich der Superintendent in Jeinsen an den Abt in Loccum um Rat. Von dort erhielt er den Bescheid, daß man „dem von Rössing als Patron“ nicht die Hände binden könne, es sei denn, der Präsentatus sei eines üblen Lebens und Wandels berüch-tigt. Leider steht kein Name in dem Schreiben,. So ist es nicht ersichtlich, ob es sich bei Stats Wilhelm Benninger, der 1705 die vakante Stelle erhielt, um den besagten Guarde-Reuter handelte. Aber nach der gestochenen Schrift, die Benningers Aktenstücke zeigen, scheint es sich doch nicht um einen ausgedienten Soldaten zu handeln.

Schulaufsicht und Visitationen führten Pastor und Amtmann durch und der Superintendent in Jeinsen war übergeordneter Schulinspektor, der mindestens einmal vierteljährlich visitieren sollte. Im 19. Jahrhundert gehörten dem Schulvorstand dann außer dem Pastor auch mehre-re Mitglieder des Gemeinderates an.

Die am besten dotierte erste Lehrerstelle war von jeher gekoppelt mit dem Amt des Küsters. Daher setzte sich auch die Lehrerbesoldung aus vielen Positionen kirchlicher und gemein-deseitiger Herkunft zusammen. Zunächst stand dem Lehrer das Schulgeld zu. Die sechs Groschen pro Vierteljahr und Kind, die Lehrer Sercerius im Jahr 1641 erhielt, steigerten sich bis 1852 auf 16 Groschen und wurden dann auf 18 Groschen erhöht. Aber durch alle Leh-rerberichte seit frühester Zeit zieht sich die Klage, dass das Schulgeld von den Eltern nicht einzutreiben sei. 1850 erwog man deshalb die Einstellung eines Sammlers zwecks administ-rativer Beitreibung. Im Jahre 1888 wurde dann die Schulgeldfreiheit eingeführt und die Leh-rerbesoldung von den Behörden übernommen.

Naturalleistungen

Lehrer Johann Valentin Fricke hinterließ genaue Angaben über seine Naturaleinkünfte im Jahr 1744. Zu Weihnachten standen ihm 13 Würste und 13 Brote zu, zu Ostern sechs Schock Eier (360 Stück). Bei dem alten, verfallenen und grundlosen Wohnhause ist ein Gar-ten von etwa einem halben Morgen, so zitiert Fricke 1744. Dazu kommen Holz- und Wie-senteilung, mehrere Morgen Ackerland und jeder Kirchendienst wie Taufgebühren (sechs Groschen), Brautmesse singen (27 Groschen) und Orgelspielen (5 Taler und 20 Groschen jährlich) wurden genau berechnet. Die Bauern mußten von ihrem Land für den Küster die Glockengarben für das Läuten der Kirchenglocken liefern. Diese wurden dann zum Teil bei der Agrarreform Mitte des 19. Jahrhunderts nach der Verkoppelung mit dem 25fachen ihres Wertes abgelöst. Auch schon vorher wurden die Naturalleistungen teilweise in Geld umge-wandelt. Die Verzahnung von Kirchen- und Schulgemeinde fand ihren Abschluß erst mit der sich über Jahrzehnte hinziehenden vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Kirche und Schule im Jahre 1932.

Schulgeld

Da viele arme Eltern das Schulgeld für ihre Kinder wirklich nicht zahlen konnten, erhielt der Lehrer für diese das Geld aus dem Armenkasten, oder aus dem Osterwaldtschen Legat. Der Rössinger Amtmann Osterwaldt, der schon 1699 in der Kopfsteuerliste angeführt wurde, gründete eine Stiftung, aus deren Erträgen diese Freistellen finanziert wurden. Für die Jahre 1830 bis 1868 gab es ausführliche Unterlagen, nach welchen Kriterien die Kinder dafür aus-gesucht wurden. Vor allem mußten sie artig und fleißige Kirchgänger sein.

Das Grellesche Legat und die Mädchenschule

Im Jahre 1731 stiftete die Witwe des Pastors Grelle ebenfalls ein Legat von 1000 Talern, aus dessen jährlichem Zinsertrag von 40 Talern eine Mädchenschule und eine zweite Schulstelle eingerichtet werden sollten.

Der Amtsnachfolger des Johann Valentin Fricke, sein Neffe Adolph Burchard Sander (1745-1760), opponierte heftig dagegen. Er befürchtete, daß die Einkünfte seiner, der ersten Leh-rerstelle, damit geschmälert würden. Er schreibt:“—-daß wir mit dem uns zum Fallstrick ge-legten Grelleschen Legat uns nicht dazu verstehen wollen, zwei oder mehrere Schulmeister zu haben, oder mit schweren Kosten viele Schulhäuser zu bauen, und zur ewigen Belastung unserer Nachkommen, als sie unsere Gebeine im Grabe verfluchen würden, im Stande zu erhalten. Aber nach seiner Amtszeit wurde dann doch noch eine zweite Schule für Mädchen mit Lehrerstelle eingerichtet.

Verschiedene Privatpersonen unterstützten die Schule durch Spenden, und der von 1753 bis 1798 amtierende Pastor Hefenhausen stiftete ein Legat von 50 Talern für Schulbücher.

1819 verdiente ein Lehrer 145 Taler

1774 wurde auf der von Kirche und Schulgemeinde angekauften Rodenbergschen Brinksit-zerstelle, Karlstraße 14 (Hausnr. 78), eine Mädchenschule und eine zweite Lehrerstelle ein-gerichtet. Das Haus enthielt außer der Schulstube eine Wohnstube und fünf Kammern, wo-von zwei aber nur kleine Dachkammern waren. Anfallende Reparaturen mußte der Lehrer selbst ausführen lassen. Das führte in der Folge zu einem Reparaturstau, so dass die Ge-meinde später doch beispringen mußte.

Die zweite Lehrerstelle wurde bezahlt aus den Zinsen des Grelleschen Legates und war ge-ringer dotiert als die erste. Die Einnahmen aus kirchlichen Diensten fielen bei der zweiten Lehrerstelle fort, ebenso die Glockengarben von den Bauern. Im Jahre 1819 errechnete sich das Einkommen wie folgt: Aus den Zinsen des Grelleschen Legates 87 Taler, an Schulgel-dern von 60 Kindern 44 Taler und 16 Groschen, von 15 Kindern Schreibgeld fünf Taler. Für Wohnhaus, Obst- und Gemüsegarten sowie eine geringe Holzteilung wurden ihm 9 Taler und 3 Groschen angerechnet, so dass er auf ein Salär von 145 Talern und 19 Groschen kam. Bei der zweiten Stelle war auch kein Witwentum.

Die Spinnschule

Zwischen 1834 und 1850 gab es in Rössing eine Spinnschule. Initiator war der amtierende Pastor Müller. Er stellte ein Gesuch an die Königliche Hoheit um finanzielle Unterstützung, die auch gewährt wurde. Der Gutsherr stellte einen Raum zur Verfügung und die Frau des Obristleutnants Louis von Rössing, geb. Freiin von Dincklage, die selbst eine große Töchter-schar hatte, nahm sich der Sache tatkräftig an. Sie übernahm die Erstausstattung der Schule mit 12 Spinnrädern und stiftete auch noch einen Haspel. Die Mädchen sollten Flachs spin-nen, und zwar nicht nur für grobes Bauernleinen, sondern sie sollten auch Feinspinnen ler-nen. Aber es machte Mühe, all das gesponnene Garn abzusetzen. So wurde gern eine Auf-tragsarbeit für die Gräfin Hardenberg angenommen, die für die Aussteuer einer Tochter fei-nes Leinengarn benötigte.

Man beteiligte sich auch an der ersten Ausstellung des Gewerbevereins. Die Erzeugnisse der Rössinger Spinnschule wurde günstig beurteilt und mit Schreiben vom 1.6.1835 erfolgte die Aufforderung, auch im nächsten Jahr wieder an der Ausstellung teilzunehmen.

Die Schule hatte zwischen 10 und 20 Schülerinnen und 1837 waren es sogar 26. Das Amt Calenberg gab jährlich 75 Reichstaler Unterstützung.

Frau Alpers erhielt für Aufsicht und Unterricht an der Spinnschule jährlich 8 Taler. 1850 wur-de die Spinnschule aber wieder aufgelöst und das Kapital an Kirchen- und Schulvorstand überwiesen. Die industrielle Entwicklung der Spinnereien und Webereien lieferte wahr-scheinlich feinere und gleichmäßigere Garne als die Handspinnerei, die dadurch nicht mehr konkurrenzfähig war.

Die Industrieschule

Die von der Obrigkeitt um etwa 1800 für das Land propagierte Industrieschule sollte den Kindern über den normalen Lehrstoff hinaus einige einfache Handfertigkeiten vermitteln. Da-zu gehören einfache Grundkenntnisse in Landwirtschaft, Obst- und Gartenbau und in der Viehzucht. Der von 1799 bis 1815 in Rössing amtierende Pastor Göcking pflanzte im Pfarr-garten neue, ertragreichere Obstsorten an und gab die Kenntnisse an seine Pfarrkinder wei-ter.

Während für die handwerklichen Zünfte und Innungen seit dem Mittelalter eine fest umrisse-ne Berufsausbildung mit Lehrling, Geselle und Meister Vorschrift war, war es in der Land-wirtschaft nur üblich, daß die Kenntnisse vom Vater auf den Sohn übertragen wurden, was dem Fortschritt nicht gerade dienlich war. Albrecht Thaer (1752 – 1828), Arzt und Gutsbesit-zer, gebührt das Verdienst der Anwendung der Naturwissenschaften auf die Landwirtschaft. Er gründete auf seinem Gut Möglin bei Celle eine landwirtschaftliche Lehranstalt mit Ver-suchsgut und schrieb Bücher über die Grundsätze der rationellen Landwirtschaft. Pastor Göcking war also mit seinen Bemühungen durchaus auf der Höhe seiner Zeit.

Der Name „Industrieschule“ sollte aber nicht irritieren, er hatte nichts mit der in den Städten aufkommenden Industrie zu tun. Die Mädchen sollten in häuslichen Tätigkeiten unterrichtet werden, was aber in den meisten Fällen nicht über Strümpfestricken und Spinnen hinaus-ging.

So war auch die Spinnschule eine „Industrieschule“. Versuche, sie auch auf weitere haus-frauliche Arbeiten wie Waschen, Bügeln oder Weben auszudehnen, scheiterten an den Kos-ten. Übrig blieb der weibliche Handarbeitsunterricht, dem das Schulkapital der Spinnschule zufloß. Dafür gab es keine besonders ausgebildeten Lehrkräfte, eine geschickte Frau mit gutem Leumund konnte den Posten als Handarbeitslehrerin übernehmen.

1817 hieß Unterricht vor allem Bibellehre

Interessant sind die alten Stundenpläne. Der älteste stammt aus dem Jahr 1817. Von 30 Unterrichtsstunden in der Woche, die sich auf vormittags und nachmittags erstreckten, aber schon um 7 Uhr begannen, waren 8 Stunden Religion und Bibellehre, 14 Stunden Schrei-ben, Lesen, Buchstabieren, Aufsatz und Diktat, vier Stunden Kopf- und Tafelrechnen, eine Stunde Geografie, eine Stunde Naturgeschichte und zwei Stunden Lesen fremder Hand-schriften, der Landesgesetze oder sonst etwas Nützliches und Merkwürdiges. 1841 waren es sogar 12 Stunden religiöse Fächer, dazu zwei Stunden Gesang lesen. Der Leseunterricht beschäftigte sich vorwiegend mit der Bibel.

1884 war die dritte Lehrerstelle schon eingerichtet und die Schule hatte drei Stufen, in denen natürlich jeweils mindestens zwei Jahrgänge zusammengefaßt waren. Am Ende des 19. Jahrhunderts kamen Fächer wie Zeichnen, Turnen, Geschichte und Handarbeiten dazu. Aber die morgendliche Religionsstunde war immer noch obligatorisch.

Eine Vorschule für blinde Kinder

Eine Besonderheit in Rössing war das Vorhandensein einer Blindenschule. 1867 wurde hier die erste Vorschule für blinde Kinder zwischen sechs und zehn Jahren ins Leben gerufen. Zehn Kinder sollten für die größere Anstalt in Hannover vorbereitet werden. Sie wurden be-treut von der Familie des Webers August Bohne und einigen Hilfspersonen im Schäferhaus

Bode in der Parkstraße 78. Es lag zwischen Schloßteich und Mühlengraben und war durch hohes Lattenwerk abgesperrt.

Der Aufenthalt pro Kind kostete 144 Mark pro Jahr. Am 1. Oktober 1880 wurde die Vorschu-le in Rössing als nicht mehr zeitgemäß aufgehoben und die Kinder ins Stephansstift in Han-nover überführt. Das Grundstück wurde später von Herrn von Rössing gekauft und das bau-fällige Haus in den 1920er Jahren abgerissen.

Die dritte Rössinger Schule

Als in den 1880er Jahren die Zahl der Schulkinder auf 250 angewachsen war, wurden ein Schulneubau und die Einrichtung einer dritten Lehrerstelle unbedingt erforderlich. Die Pla-nungsarbeiten erstreckten sich über mehrere Jahre. Maurermeister Rose aus Schulenburg erhielt für 22 000 Mark den Zuschlag, nachdem sechs Angebote vorlagen.

Mit dem Einzug in die neue Schule in der Kirchstraße am 1. April 1888 wurde von Lehrer und Kantor Rohne pflichtgemäß mit der Niederschrift einer Schul- und Gemeindechronik be-gonnen, die das Leben der Schuljugend und das gemeindliche Leben in der Kaiserzeit und auch später lebensnah widerspiegeln.

Die erste und die zweite Schule wurden geschlossen. Sie waren Fachwerkgebäude, wäh-rend die neue Schule aus rotem Backstein erbaut wurde. Das I. Schulhaus blieb weiterhin Lehrerwohnung und das II. Schulhaus wurde verkauft. Große Teile der Gärten des zweiten Schulhauses und der Küsterei wurden als Bauplatz für die neue Schule benötigt. Die beiden Lehrer wurden für die Abtretung ihrer Gärten aus dem Verkauf des II. Schulhauses entschä-digt. Die neue Schule enthielt vier Klassenräume und zwei Lehrerwohnungen. Zunächst wurde aber nur in drei Räumen unterrichtet. Die Klassenstärke betrug aber immer noch 70 bis 80 Kinder.

Beim Bau der Schule wurde in der nach Süden gerichteten Grundmauer an der westlichen Ecke in der Höhe von zwei Backsteinen ein Behältnis mit Urkunden eingemauert, sie müsste heute noch vorhanden sein.

Die Schule in der Kirchstrasse

Am 10. November 1895 wurde in dem vierten Klassenzimmer eine Privatschule eingerichtet, die nur 18 Kinder hatte. Die gut gestellten Bauernfamilien konnten es sich leisten, zwischen 80 und 100 Mark pro Jahr und Kind für die Privatschule zu zahlen. Die adeligen Gutskinder wurden allerdings, wie schon seit Jahrhunderten, in den Grundschuljahren privat vom Pastor und Hauslehrern unterrichtet. Erst im nachfolgenden 20.Jahrhundert besuchten sie die öffentliche Grundschule.

Ländliche Fortbildungsschule

Am 25. Januar 1909 wurde ein Gesetz erlassen, daß alle nicht mehr volksschulpflichtigen männlichen Personen unter 18 Jahren vier Stunden wöchentlich eine Fortbildungsschule besuchen müssen. Schon bald wurde diese Schulpflicht auch auf die weiblichen Jugendli-chen ausgedehnt. Auch in Rössing gab es eine solche Schule. Dabei handelte es sich um einen Vorläufer der heutigen Berufsschule.

Vom königlichen Gewerbe- und Regierungsschulrat wurden dem hiesigen Pastor Bücher zum Ausleihen an die Schüler zugeschickt. Der Unterricht wurde von den Schullehrern erteilt und umfaßte außer Rechnen, Deutsch, Staatsbürgerkunde und landwirtschaftlicher Natur-kunde auch schriftliche Übungen wie Bewerbungsschreiben und kaufmännischen Schriftver-kehr.

Erster Weltkrieg 1914-18

Der zweite Band der Schulchronik wurde am 1. April 1910 von dem sehr geschätzten und beliebten Lehrer und Kantor Karl Rokahr begonnen, der von 1888 bis 1929 an der Schule wirkte und dessen Grabstein noch heute auf dem Rössinger Friedhof zu sehen ist.

Die Aufzeichnungen aus dem Ersten Weltkrieg zeigen viel Opferbereitschaft und Patriotis-mus und eine Welle der Liebesgabentätigkeit von Seiten der Bevölkerung. Die Kinder wur-den zum Stricken für die Soldaten angehalten und die größeren sollten für Erntearbeiten vom Unterricht befreit werden. Schulfeiern waren selten.

Als der Krieg 1918 verloren war, wurden die große Enttäuschung darüber und die Verbitte-rung über den Versailler Vertrag deutlich. Die Kaiser- und sonstigen Hohenzollernbilder wur-den aus der Schule entfernt. Die Zeit der großen Arbeitslosigkeit mit ihrem sozialen Elend in den 30er Jahr fand ebenfalls ihren Niederschlag in den Aufzeichnungen.

1921 umfaßte die Schule 168 Kinder, davon 166 evangelische, ein katholisches, und ein jüdisches Kind. Mittlerweile war die Schule vierklassig, aber immer noch mit nur drei Lehrern besetzt. Die vierte Klasse, war der jüngste Jahrgang, er hatte 48 Kinder. Die dritte Klasse bestand aus 31 Kindern und umfaßte den zweiten und dritten Jahrgang, der vierte . und fünf-te Jahrgang bildete mit 38 Kindern die 2. Klasse und in der 1., der obersten Klasse, waren der 6., 7., und 8. Jahrgang zusammengefaßt.

Im Dritten Reich

Nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 war die Rössinger Schulchronik Nr. II jahrelang verschol-len. Sie galt als vernichtet, um mit ihren stark nationalsozialistisch geprägten Aufzeichnun-gen niemand zu kompromittieren. In den 1980er Jahren tauchte sie wieder auf. Auch für diese Zeit nach dem 30. Januar 1933 bildet sie eine ergiebige Quelle. Es gab häu-figer schulfrei, oder Feiern aus politischen Gründen. Hitler hielt eine Rede, die im Radio ge-meinsam angehört wurde, statt Kaisers Geburtstag wurde jetzt der 20. April, Führers Ge-burtstag gefeiert, zum Reichsparteitag in Nürnberg gab es einen zusätzlicher Wandertag, 24. Juni, Tag der deutschen Jugend, Sonnenwendfeier, schulfrei, 30. Januar, Hitler an der Macht, Gedenkfeier usw.

Im Sommer 1933 wurde Baldur von Schirach zum Reichsjugendführer der NSDAP, der nati-onalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei, ernannt. Er verfügte sofort die Auflösung aller Jugendverbände der politischen Parteien und der sonstigen Jugendbünde wie Wandervögel, Pfadfinder, Naturfreunde, der Bündischen Jugend, und auch die Dachverbände sämtlicher Sportvereine wurden der NSDAP unterstellt. Die Jugend ab 10 Jahre wurde in der Hitlerju-gend zusammengefaßt, wo sie „geistig und sittlich Im Sinne des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft“ erzogen werden sollte. Es gehörte zum Wesen dieser Diktatur, daß sich niemand, vor allem die Jugend nicht, dem nationalsozialistischen Gedankengut entziehen konnte. Leitgedanken zur Schulordnung Erlaß vom 2o. Januar 1934, (Hitler war noch kein ganzes Jahr an der Macht), vom Preußi-schen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung

Oberste Aufgabe der Schule ist die Erziehung der Jugend zum Dienst am Volkstum und Staat im nationalsozialistischen Geist. Die Hitlerjugend ergänzt diese Arbeit durch Stäh-lung des Charakters, Förderung der Selbstzucht und körperliche Schulung. Schüler, die der Hitlerjugend angehören, dürfen in Uniform in der Schule und bei Schulveranstaltungen erscheinen. Das Tragen sonstiger Abzeichen und Uniformen in der Schule und deren Veranstaltungen ist verboten. Lehrer und Schüler erweisen innerhalb und außerhalb der Schule den deutschen Gruß (Hitlergruß).

Lehrer Christfried Meyn war ein ganz besonders begeisterter Anhänger der NSDAP. Jeden Morgen begrüßte er seine Klasse mit einem zackigen Heil Hitler, was diese ebenso zackig erwidern mußte. Dann wurde das Lied gesungen: Nimmer wird das Reich zerstöret, wenn ihr einig seid und treu, jeden Morgen, und das als Kanon.

Er gehörte auch zur SA, den Braunhemden, und wenn ihm eins der Schulkinder im Dorf be-gegnete erwartete er, daß ihm schon von weitem der Arm zu einem schneidigen Hitlergruß entgegen gereckt wurde. Andernfalls machte er, wie andere Lehrer auch, vom Rohrstock Gebrauch.

Jüdische Kinder durften ab 1936 nicht mehr an Schulsportfesten teilnehmen und ab 1937 wurde ihnen der Besuch der deutschen Schulen ganz verboten. In Rössing lebte damals eine jüdische Familie mit zwei schulpflichtigen Kindern, Hanna Blumenthal, Jahrgang 1928 und Hans-Jürgen, Jahrgang 1931. Hanna hatte noch drei Jahre die Rössinger Schule besu-chen dürfen, dann durfte sie nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Die jüdische Kultusge-meinde in Hannover versuchte, durch kulturelle Massnahmen die weitere Schulbildung der Kinder zu übernehmen und Hanna wurde am 12. April 1937 nach Hannover abgemeldet, wo sie vorübergehend am Emmerberg Nr. 31 wohnhaft war. Sie wurde dann am 28. März 1942 mit ihrem jüngeren Bruder und den Eltern zusammen mit vielen anderen Juden aus dem Kreis Springe nach Polen deportiert, wo sie dem Holocaust zum Opfer fielen.

Systematische Kriegsvorbereitung

Aber es kam auch etwas Neues ins Spiel, die schleichende Vorbereitung auf den Krieg, die von der Bevölkerung gar nicht als solche wahrgenommen wurde.

Schon am 29. März 1933 wurde der Reichsluftschutzbund gegründet und bereits im März 1934, also ein Jahr später, wurden die Kinder in der Schule über Luftschutz belehrt. Ein Leh-rer wurde zum Schulluftschutzwart ernannt, Boden und Keller der Schule wurden entrümpelt, eine Kiste mit trockenem Sand, mit Schaufeln und einer Axt auf dem Boden aufgestellt, um gegebenenfalls Brandbomben zu bekämpfen. Die Hauptabsperrstellen für Gas Wasser und Elektrizität sollten gekennzeichnet und die Wege dorthin mit Pfeilen versehen werden. Die Unterweisung im Luftschutz und Fliegerprobealarm wurden intensiviert.

Zweiter Weltkrieg 1939 – 45

Dem Kriegsbeginn selbst wurden in der Schulchronik nur zwei Zeilen gewidmet:

Am 1. September 1939 (Kriegsbeginn) wurde der Unterricht auf behördliche Anordnung geschlossen und am 9. September wieder aufgenommen.

Im Oktober 1939 trat eine Diphterie- und Scharlachepedemie auf, die eine dreiwöchige Schließung der Schule zur Folge hatte.

In dem sehr strengen Winter 1939/40 gab, es wie in allen folgenden Kriegswintern, wegen Brennstoffmangel Kohleferien. Am schlimmsten war es 1942, da war vom 2. Februar bis zum 11. März kein Unterricht in der Schule, sondern jede Woche erhielten die Kinder nur neue Hausaufgaben.

Am 25. Juni 1940 gab es schulfrei, weil der Frankreichfeldzug siegreich beendet war.

Die Schuljugend wurde nicht nur regelmäßig zum Heilkräutersammeln herangezogen, son-dern von Juni bis September gab es den Suchdienst zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers, außerdem mußte sie Geldsammlungen für das Winterhilfswerk und andere NS-Organisationen durchführen und Ernteeinsatz leisten.

Ab 1941 wurde die bisher gebräuchliche Sütterlin- oder Deutsche Schrift nicht mehr in der Schule gelehrt, sondern nur die sogenannte Deutsche Normalschrift, die sich aus der La-teinschrift ableitete und vorher nur beim Erlernen von Fremdsprachen nötig war.

Das war eine sehr bedeutende Entscheidung, schnitt sie doch die nachfolgenden Generatio-nen vom gesamten handschriftlichen Kulturgut der vergangenen Jahrhunderte ab. Die Ju-gend konnte die Briefe ihrer Großeltern nicht mehr lesen, nur wenige machten sich die Mü-he, die alte Schrift zu erlernen.

Kriegsbedingte Erhöhung der Schülerzahlen

Als sich im Sommer 1943 die alliierten Luftangriffe verschärft mit Flächenangriffen und Bom-benteppichen auf die Städte und Wohngebiete richteten, wurden viele Kinder, teilweise mit ihren Angehörigen zu Verwandten aufs Land geschickt. Seit dem 17. August 1943 besuch-ten 14 Gastschüler aus dem Ruhrgebiet, dem Rheinland und Hannover die Rössinger Grundschule.

Ein paar Wochen später, am 09. Oktober 1943, kamen nach dem verheerenden Bombenan-griff auf Hannover, der etwa 50 % der Häuser zerstörte, über 100 Bombengeschädigte nach Rössing und die Zahl der Gastschüler erhöhte sich auf 19.

Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 rückte die Front im Wes-ten immer näher. Am 20. Oktober kamen 350 wegen der Kampfhandlungen Umquartierte aus Aachen, Stolberg und Eschweiler nach Rössing.

Darunter befand sich auch die Lehrerin Fräulein Elisabeth Flüggen, die hier gleich in den Schuldienst übernommen wurde, denn 73 Kinder mußten zusätzlich in der Schule aufge-nommen werden.

Die Schülerzahl hatte sich von 130 Schülern im Jahr 1942 mit 243 Schülern im Jahr 1944, noch vor Kriegsende, fast verdoppelt. Diese wurden von drei (!) Lehrkräften unterrichtet. Un-terricht war von 8 bis 16.30 Uhr in Schichten. Zur Einsparung von Kohlen wurden nur zwei Klassenräume benutzt. Deshalb wurden auch die Weihnachtsferien bis zum 01. Februar 1945 verlängert. Zweimal in der Woche kamen die Kinder zur Durchsicht, Abgabe und Emp-fang von Hausaufgaben in die Schule.

Im Dezember 1944 hatte Rössing mehrere Wochen Wehrmachtseinquartierung, da in dieser Gegend eine neue Einheit zusammengestellt wurde. Damals wurde noch ein weiterer Schul-raum für den Unterricht der Soldaten requiriert.

Kriegsende

In den Monaten Februar und März 1945 wurde der feindliche Luftkrieg weiter verschärft, je-den Tag vier bis fünf Stunden Fliegeralarm, im ganzen Februar und März gab es nur zwei Tage ohne Alarm, bei dem immer die Luftschutzräume aufgesucht werden mußten. Dabei war natürlich kein effektiver Schulunterricht möglich.

Als am 22. März 1945 der schwere Tagesangriff auf Hildesheim die ganze Innenstadt zer-störte, hatte Rössing fast 5 Stunden Fliegeralarm. Die Bomber waren schon über Hildesheim hinweg und es gab Entwarnung. Da drehten sie wieder ab und luden ihre Tod und Verder-ben bringende Last über der Stadt ab. Das stundenlange Dröhnen der schweren Bomben-flugzeuge versetzte Kinder und Erwachsene auch hier in Angst und Schrecken.

Der letzte Eintrag in die Schulchronik am 7.April 1945 lautete:

Vormittags besetzten amerikanische Truppen unser Dorf.

Für Rössing war der Krieg zu Ende.

Neubeginn

Am 18. Oktober 1945 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Hauptlehrer war Herr Fritz Bliedtner, der mit der dritten Schulchronik begann. Den Aufzeichnungen der Lehrer verdanken wir sehr wichtige Mitteilungen über den Wiederaufbau und die soziologische Struktur der Bevölkerung. Die Eintragungen erfolgten nun nicht mehr handschriftlich in ei-nem dicken Buch, sondern mit der Schreibmaschine geschrieben als „Lose Blatt-Chronik“

Frl. Elfriede Ewert und Frl. Elisabeth Flüggen aus dem Rheinland standen Herrn Bliedtner als Lehrkräfte zur Seite. Die Schule war in ziemlich desolatem Zustand und zum Teil ge-plündert. Zuerst lagen Amerikaner darin und ein Raum war bei Unterrichtsbeginn im Oktober 1945 noch mit Flüchtlingen belegt, die auf Stroh kampierten. Zuerst erfolgte Kurzunterricht in zwei Klassenräumen.

Die Flüchtlinge, die wegen der Kämpfe im Osten vor den Russen geflohen waren, mußten untergebracht werden, damit die Klassenräume wieder frei wurden.

Sie waren die ersten von dem immer weiter anschwellenden Strom von Vertriebenen aus den Ostgebieten Schlesien, Ostpreussen und Pommern. Ihre Heimat wurde polnisch bzw. russisch, so war es von den Siegermächten im Februar 1945 in Jalta auf der Krim beschlos-sen worden.

Schulraumnot

Am 15. September 1947 zählte der Ort insgesamt 2390 Einwohner, davon waren 1070 = 45% Alteingesessene und 1320 = 55% zwangsweise Zugezogene, die alle untergebracht werden mußten. Das Wohnungsproblem war einfach nicht zu lösen und diese Schwierigkei-ten wirkten sich natürlich auch auf die Schulkinder aus.

Am 1. Febr. 1946 kam Ludwig Kuckuck als vierter Lehrer dazu und am 1. Aug.1947 Herr Max Kattner als fünfter, da waren es 359 Schüler aller Jahrgänge, die in vier Klassenräumen im Erdgeschoß unterrichtet wurden. Für weitere, dringend benötigte Lehrer mußte unbedingt Wohnraum geschaffen werden. Herr Georg Stein war am 18. April 1950 als sechster Lehrer eingestellt worden, denn die Anzahl der Schüler stieg ständig weiter an und erreichte im Sommer 1950 die Re-kordhöhe von 385. Ursprünglich gab es zwei Lehrerwohnungen in der ersten Etage der Schule. 1947 war aber dort ein weiteres, fünftes Klassenzimmer eingerichtet und dafür auf dem Dachboden eine Lehrerwohnung ausgebaut worden. Die Toiletten waren nach althergebrachter Sitte soge-nannte Plumsklos in der kleinen Schulscheune auf dem Hof, denn Wasserleitung wurde erst zwischen 1951 und 1953 in Rössing verlegt.

Es geht aufwärts

Nach der Währungsreform 1948, als für Geld wieder Baumaterial zu haben war, entschloß man sich, auf dem zur Schule gehörigen Gartenland an der Maschstraße ein Lehrerfamili-enwohnhaus mit 6 Wohnungen zu bauen. Am 1. Dez. 1951 wurde das Wohnhaus von den Lehrern bezogen. Die Wohnungsnot der Lehrer war behoben.

Außerdem plante man die Einrichtung von 6 Klassenräumen im Schulhaus und die Anlage einer Dampfheizung. Den Plan, die alte Schulscheune mit ordentlichen Toiletten auszustat-ten ließ man fallen. Es sollte nun ein neues Bade- und Toilettenhaus gebaut werden, das mit seinen Dusch- und Badeanlagen den Bürgern und Neubürgern zur Verfügung gestellt wer-den sollte, denn die Wohnungen verfügten in den seltensten Fällen über eigene Badezim-mer. Oben sollte ein Jugendraum eingerichtet werden, der aber später als Klassenzimmer genutzt wurde.

Am 27. Januar 1956 wurde das Badehaus in Betrieb genommen und fand regen Zuspruch. Die alten Toiletten wurden zugeschüttet und dienten nun als Unterstellräume.

Bis 1991 tat das Badehaus seinen Dienst, dann bestand kein Bedarf mehr, es wurde abge-rissen und ein neues Feuerwehrhaus an seiner Stelle errichtet.

Kulturelles Leben

Da kulturelle Leben im Ort war immer ein Faktor, an dem die Schule führend mit beteiligt war. Unmittelbar nach dem Krieg waren die Menschen noch zu sehr mit sich selbst beschäf-tigt. Aber schon im November 1945 ergriffen einige ehemalige Sangesbrüder die Initiative zur Neu- oder Wiedergründung eines Chores. Dazu mußte von der englischen Besatzungs-macht eine Lizenz eingeholt werden. Lehrer und Chorleiter Bliedtner übernahm die musikali-sche Leitung des neuen Volkschores Rössing und führte diesen zu beachtlichen Erfolgen. Schon Weihnachten 1945 trat er mit einigen Liedern an die Öffentlichkeit und die Menschen strömten ihm zu, so daß an den Gesangsabenden bis zu 100 Sänger anwesend waren. Mehrere große Chorwerke führte er mit einem musikalischen Apparat von 120 Sängern und einem Orchester von 25, ja sogar 40 Musikern durch. Nach der Währungsreform 1948 lief aber das Gesangsleben, wie auch das übrige Vereinsleben wieder in ruhigeren Bahnen.

Erwachsenenbildung

Für die etwa 1200 Flüchtlinge und Vertriebene war die kulturelle Lage in Rössing trostlos. Um kulturelle Veranstaltungen in der Stadt zu besuchen, fehlte ihnen das Geld und die Klei-dung. Außerdem führte die Trostlosigkeit ihres Schicksals und die fehlende Perspektive in der neuen Umgebung dazu, daß sie in Lethargie zu versinken drohten. Um dem entgegen zu wirken entschloß sich Lehrer Bliedtner, in Rössing eine Volkshochschule ins Leben zu rufen, die aber nur im Winter arbeitete und vom Landkreis Springe bald mit Geldzuwendun-gen unterstützt wurde. In zwei oder dreiwöchigem Turnus wurden Vorträge angeboten, alle Wissens- und Unterhaltungsgebiete kamen zu Wort mit Lichtbildern, Schallplatten und künst-lerischen Darbietungen. Im Winterhalbjahr 1952/53 lag die Besucherzahl immer zwischen 50 und 60.

1953/54 wurden ein Deutsch- und zwei Stenografiekurse durchgeführt, ebenso im folgenden Winter.

1953 kam Lehrer Otto Ernst nach Rössing, der mit großer Sachkenntnis Fotolehrgänge an-bot. Herr Flöter rief den Bund der Naturfreunde ins Leben, der laufend Wanderungen und Fahrten in die nähere und weitere Umgebung durchführte, die sich großer Beliebtheit erfreu-ten.

Einige Neuerungen in der Schule

1946 gründete Lehrer Bliedtner einen Schulchor, dessen musikalischer Höhepunkt immer die Weihnachtsfeiern waren und der auch bei vielen anderen Veranstaltungen mitwirkte.

1953 wurden zum ersten Mal neben den Elternversammlungen auch Elternsprechtage durchgeführt, bei denen sich sämtliche Lehrkräfte zu Einzelbesprechungen mit den Eltern der Schüler bereit hielten, was sich sehr positiv auswirkte.

Seit 1956 stand das Freibad in Nordstemmen für den Schwimmunterricht der oberen Klas-sen zur Verfügung, so daß eine große Anzahl Kinder das Freischwimmer- und Fahrten-schwimmerzeugnis erhielten.

Seit 1956 fand der Sportunterricht auf dem neuen Sportplatz am heutigen Standort statt.

Neue Probleme und eine neue Schule in Barnten

Im Mai 1946 betrug die Anzahl der Schüler 231, ein Jahr später 361 und stieg bis auf den Höchststand von 385 Schülern im Jahr 1949 an. Danach begann die Schülerzahl wieder langsam durch Abwanderung zu sinken bis auf 225 im Mai 1954, sogar bis auf 177 im Mai 1956. Dann begann sie wieder langsam anzusteigen und erreichte am 1.4.1960 praktisch wieder den Stand von 1954 , nämlich 228 Schüler.

Da nun geburtenstarke Jahrgänge nachrückten war abzusehen, dass die Schule zu klein würde, zumal die Einführung des neunten Pflichtschuljahres bevorstand. Dafür reichten die vorhandenen Räume nicht aus und eine Erweiterung des alten Schulgebäudes schied aus. Nach vielen Überlegungen entschied man sich für den Neubau einer Dorfgemeinschafts-schule für Rössing und Barnten, gegenüber vom Bahnhof Barnten. Die Planungen schritten zügig voran und 1962 wurde die neue Mittelpunktschule in Barnten eröffnet. Sie wurde aller-dings nur von den fünf oberen Jahrgängen besucht.

Ein pragmatischer Grund, dass die Schule nicht in Rössing sondern in Barnten errichtet wurde war die Tatsache, dass Barnten damals, im Gegensatz zu Rössing, zum Kreis Hil-desheim gehörte. Dieser zählte zu den damaligen sogenannten Zonenrandgebieten, die durch die Grenze zur DDR wirtschaftliche Nachteile erlitten und darum von der Regierung besondere finanzielle Fördermittel erhielten, die man dadurch in Anspruch nehmen konnte. So entstand eine moderne Schule mit entsprechenden Einrichtungen für vielseitigen Unter-richt. Die neue Schule erhielt eine Sporthalle, eine Aula, eine Lehrküche und gesonderte Räume für Musik und Handarbeiten- sowie einen Bastel- und Werkraum und einen Raum für Physik- und Chemieunterricht.

Erster Schulleiter 1962 wurde Lehrer Teggenthien aus Barnten. Sein Nachfolger wurde Otto Ernst, der sich außerdienstlich gern als Reiseleiter betätigte. Diese Reisen führten in die ganze Welt und wurden von Herrn Ernst hervorragend vorbereitet. Die Lichtbildvorträge hin-terher liessen die Reisen zu unvergeßlichen Erlebnissen werden. Noch nach seiner Pensio-nierung übte er sein Hobby weiter aus und verstarb 2013.

Mit der Gründung der Mittelpunktschule in Barnten 1962 endet auch die Rössinger Schulchronik.

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Die alte Rössinger Grundschule wird zum Dorfgemeinschaftshaus

Bis zum Februar 1987 konnten die vier unteren Jahrgänge noch die Grundschule in Rössing besuchen, dann mussten auch sie mit dem Schulbus nach Barnten fahren und die Rössinger Schule wurde geschlossen. Es ist ein großer Einschnitt ins dörfliche Leben, dass nun auch schon die kleinen ABC-Schützen morgens früh zum Bus hetzen müssen und die neuen Schulfreunde nachmittags nicht mehr alle erreichbar sind, weil sie in anderen Dörfern woh-nen.

Mit viel Eigenarbeit wurde die alte Schule zum Dorfgemeinschaftshaus umfunktioniert und dient seit 1991 den Rössinger Vereinen als Veranstaltungsstätte und Treffpunkt.

Es beherbergt das Dorfarchiv, der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr hält seine Übungs-abende dort ab und viele dörfliche Aktivitäten haben dort Platz gefunden. Auch der alte Schulhof wurde neu gestaltet. Für die Veranstaltungen der Rössinger Vereine wurden Schautafeln aufgestellt und auf der linken Seite ein Kleinkinderspielplatz eingerichtet. Aber auch die Schulgeschichte geht weiter.

Aus der Mittelpunktschule wird eine Grundschule

Gleichzeitig mit den Grundschülern wurden 1987 die oberen Klassen der Mittelpunktschule umgesiedelt. Diese wurden der Haupt- und Realschule für den Sekundarbereich I in Nord-stemmen, der Marienbergschule angegliedert.

1990 bekam die Grundschule einen neuen Schulleiter, Ernst Baumgarten aus Rössing.

Mit großem Engagement widmete er sich neuen Projekten. Der Schulhof wurde neu gestal-tet und mit Spielgeräten ausgestattet. Das Maislabyrinth, ein Irrgarten im Maisfeld, war im Sommer ein Riesenspaß und ein Anziehungspunkt für die ganze Umgebung. Ein Förderkreis für die Schule wurde gegründet und im Jahr 2008 wurde der Chemie- und Physikraum zu einem für Grundschüler geeigneten Schullabor umgewandelt.

Dies war ein gemeinsames Projekt der Fa. Dr. U. Noak-Laboratorien in Sarstedt, die die Ausstattung des Labors finanzierte, von der Stiftungs-Universität Hildesheim, die das Perso-nal für den Unterricht stellt und von der Bürgerstiftung in Rössing, die das Unterrichtsperso-nal bezahlt. Auch die Fa. Dr. U. Noak-Laboratorien unterstützt das Projekt laufend.

Mit dem Ende des Schuljahrs 2012/13 endete auch die Dienstzeit von Schulleiter Ernst Baumgarten, ein Abschied, der dem Lehrer und „seinen Kindern“ sichtlich schwer fiel.

Eine neue Aera bricht an. Inklusion ist das neue Schlagwort, Haupt- und Realschule werden zur Oberschule zusammengelegt, dazu die Einrichtung der Ganztagsschulen. Ob alles bes-ser wird? Über der Zukunft steht ein großes Fragezeichen!

Quellen:

1. Die Stammtafeln des Geschlechts derer von Rössing, August Frh. von Rössing, Hildesheim, Verlag Gerstenberg 1900

2. Prof. Hans Patze: Geschichte Niedersachsens Band 1, 2 und 3, 1983/85

3. Schulakten im Dorfarchiv, Karton 1 – 5

4. Dorfarchiv:Schulchronik Band 1 von 1888 – 1910

5. Dorfarchiv Schulchronik Band 2 von 1910 – 1945

6. Dorfarchiv Schulchronik Band 3 von 1945 – 1962

Die Lehrer in Rössing

Die Namen der Lehrer für die Grundschule wurden für die früheste Zeit an Hand von alten Schulakten ermittelt, die beim Umzug 1962 in die neue Dorfgemeinschaftsschule in Barnten auf dem Dachboden in Rössing zurückgeblieben waren. Eine genaue Auflistung, von wann bis wann diese Lehrer hier beschäftigt waren, liess sich aus diesen Angaben nicht erstellen. Erst im Jahre 1887 begann der Hauptlehrer Heinrich Rohne mit der Führung einer Schulchronik Nr. I, in der er alle Schulereignisse festhielt und alle Lehrer und ihre Beschäftigungsdauer (ab S. 152) aufzeichnete.

vor bzw. bis 1641 war lt. Kirchenbuch Christophorus Fabricius Lehrer in Rössing

1641 – 1689 folgte ihm Matthäus Schneider für 48 Jahre als Küster und Organist, er starb am 3 Febr. 1689. Er hatte seinen Namen lateinisiert und nannte sich Sercerius ( fälschlicher Weise Lercerius gelesen) von lateinisch: secare ab, schnei-den.

1689 – 1700 folgte ihm sein Sohn, wieder als Christoph Schneider, dieser .starb . schon nach 11Jahren am 19. Januar 1700, 38 ½ Jahre alt, verh. mit Marie . Sophie geb. Becker

1700 – 1705 Justus Johannes Ohrtmann, er heiratet noch im November des .Jahres . . 1700 die Wittwe seines verstorbenen Vorgängers. Er war zugleich Licent-. . ein-nehmer und hat als solcher Gelder unterschlagen. Er wird zur Prügelstrafe . verurteilt (mit Ruthen gehauen) und auf ewig des Landes verwiesen

1705 – 1721 Stats Wilhelm Benniger, verh. am 16. Jan. 1706 mit Sophie Katharina Ulrich 1721 – 1744 Johann Valentin Fricke

1743 – 1759 Adolph Burchard Sander (Neffe von J.V. Fricke)

1760 – 1782 Kantor Warneke –

1782 – 1784 Justus Christoph Sanders

1808 Seminarist, Kantor und Lehrer Kramer

1793 Lehrer Schütz

1808 Seminarist Friedrich Samuel Hasselbrink

1835 – 1841 Mädchenschullehrer Alpers

1841 Lehrer Fricke

1852 Lehrer Bösenberg

1865 Lehrer Becker

1854 – 1900 Karl Tönnies

1866 – 1906 Heinrich Rohne

Luise Oeynhausen

1888 – 1929 Karl Rokahr

1901 – 1933 Albert Eicke

1906 – 1908 Heinrich Brandes

1909 – 1914 Paul Deike

1914 – 1915 Karl Henne

1914 – 1950 Lina Weber

1917 – 1959 Elfriede Ewert

1930 – 1933 Felix Paul

1933 – 1942 Otto Feddeler

1933 – 1936 Otto Bullmann

1936 – 1945 Christfried Meyn

1944 – 1953 Elisabeth Flüggen

1945 – 1953 Fritz Bliedtner

1946 – 1950 Ludwig Kuckuck

1947 – 1962 Max Kattner

1949 – 1952 Herr Brinkmann

1951 – 1972 Margarete Winkler

1952 – 1956 Hans Sitter

1953 – 1960 Ortwin Moldenhauer

1953 – 1975 Otto Ernst

1956 – 1962 Max Kurth

1956 – Georg Stein

1958 – 1959 Peter Dehn

1960 – 1963 Irmtrud Forthaus, geb. Gossel

1960 – 1961 Erika Lenz, geb. Flohr

Frau Weidlich

1962 – 1972 Horst Rehfeldt

1962 – 1980 Ingeborg Stappenbeck

1962 – 1987 Hiltrud Kreipe

1963 – 1970 Rosemarie Ebigt

1964 – 1970 Sigrid Schöppe

1964 – 1966 Bettina Elmdust

1966 – 1968 Insa Würdemann

1967 – 1987 Klemens Rüth

1970 – 1978 Margareta Hoenig

1971 – 1975 Heike Spindler

1972 – 1985 Wolf – Ulrich Müller

Fr. v.d. Lanken, geb. Baeseler

1973 – 1987 Helga Schultheiß geb. Alten

1975 – 1982 Gustav Ullrich

1978 – 1981 Anke Gansel

* Eveline Plum

1982 – 1987 Erwin Mallohn

1984 – 1987 Elisabeth Paetow

1985 – 1986 Jutta Unterberger